24. März 2025
Mein Alltag in Ouagadougou hat sich schnell in eine Routine verwandelt – und ich muss sagen, die Zeit vergeht dadurch unglaublich schnell. Vor einem Monat habe ich Deutschland verlassen, und es fühlt sich an, als wäre es erst die Hälfte der Zeit.
Kurz vor dem Semesterbeginn in Burkina Faso entschieden sich drei Kommiliton:innen und ich, einen Zwischenstopp in Tunesien einzulegen, da sowieso viele Flüge nach Burkina Faso über Tunis führten. In Tunis wurden wir von unserer tunesischen Kommilitonin herzlich empfangen, die uns eine Woche lang die Hauptstadt und die Umgebung zeigte und uns ihre Familie vorstellte. Nach diesem Zwischenstopp ging es dann gemeinsam weiter nach Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, wo unser zweites Semester im Erasmus Mundus Master „Climate Change and Diversity: Sustainable Territorial Development“ beginnt.
Meine tägliche Routine
Unser Leben hier in Ouagadougou wird nicht nur von der Universität bestimmt, sondern auch von unserem gemeinsamen Zusammenleben. Wir sind insgesamt sechs Erasmus Mundus Studierende aus Tunesien, Spanien, Italien, Burkina Faso und Ruanda. Wir wohnen zu fünft in einem Haus, wobei wir Frauen uns jeweils zu zweit ein Zimmer teilen und mein Kommilitone aus Ruanda ein Einzelzimmer hat. Mein burkinischer Kommilitone lebt bei seiner Familie. Wir kochen viel gemeinsam und leben generell sehr gemeinschaftlich. Im Alltag sind wir so gut wie immer in der Gruppe unterwegs und lernen uns daher auch sehr gut kennen.
Die Universität hat uns direkt von Beginn an ein Auto mit Fahrer zur Verfügung gestellt. Der Alltag beginnt jeden Morgen um 7:30 Uhr, wenn uns der Fahrer zur Uni bringt. Die Fahrt dauert etwa 15 bis 20 Minuten. Anfangs mussten wir uns an die frühen Startzeiten gewöhnen. Die Kurse starten wegen der Hitze sehr früh und enden gegen 12:30 Uhr, was uns ausreichend Zeit und Gelegenheit gibt, der sengenden Hitze des Nachmittags zu entkommen. Die Temperaturen in der Hauptstadt erreichen meist schon gegen elf Uhr die 40-Grad-Marke. Den Nachmittag nach der Uni verbringen wir meistens Zuhause unter den Ventilatoren, kochen gemeinsam, wiederholen das Gelernte aus den Vorlesungen oder ruhen uns einfach aus.
Kleine Unikurse, große Perspektiven
In unserem zweiten Mastersemester dreht sich alles um das Management und die nachhaltige Entwicklung von Territorien. Die Kurse sind in Französisch, und obwohl das eine kleine Herausforderung für mich darstellt, gefällt mir das Konzept der Lehrveranstaltungen sehr gut – sie sind nicht nur theoretisch, sondern auch sehr praxisorientiert. Ich merke bereits nach wenigen Wochen, dass sich mein Französisch kontinuierlich verbessert, sich mein Wortschaft erweitert und ich mich besser und verständlicher auch zu komplexeren Themen ausdrücken kann.
Da unser Erasmus Mundus Masterstudiengang einen sehr spezialisierten Fokus hat und sich von den eher allgemeinen Masterstudiengängen an der Joseph Ki-Zerbo Universität in Ouagadougou unterscheidet, sind wir in den meisten Kursen nur unter uns Erasmus Mundus Studierenden. Das finde ich ein wenig schade, da es uns von den anderen Studierenden isoliert und es schwieriger macht, die burkinischen Studierenden kennenzulernen. Auf der anderen Seite ist es aber auch spannend, da diese kleine Gruppe den Austausch, das Lernen und den Kontakt zu den Professoren sehr intensiv gestaltet.
In den ersten beiden Wochen haben wir Einführungskurse zur Geschichte, Geografie und Soziologie von Subsahara-Afrika sowie Burkina Faso erhalten. Dabei haben wir wertvolle Einblicke in das Land und seinen Kontext als frankophones westafrikanisches Land gewonnen. Burkina Faso ist ein Land, das sich zunehmend von seiner ehemaligen Kolonialmacht Frankreich abwendet und anderen Mächten wie Russland mit seinen Wagner-Gruppen zuwendet.
Durch die kleinen Seminare haben wir die Gelegenheit, viel voneinander zu lernen und mehr über unsere Herkunftsländer zu erfahren. Es ist besonders spannend zu sehen, wie jeder von uns seine eigenen Perspektiven und Erfahrungen einbringt – ob aus Italien, Spanien, Ruanda, Burkina Faso, Tunesien oder Deutschland.
Die Professoren sind äußerst kompetent und es gibt immer wieder interaktive Gespräche im Kurs, die den Lernprozess sehr spannend gestalten. Oft tauschen wir uns über unsere jeweiligen Erfahrungen und Perspektiven in unseren Herkunftsländern aus, was zu spannenden Diskussionen und einem besseren Verständnis der gemeinsamen globalen Herausforderungen führt.
Sicherheit und Begegnungen
Obwohl die Sicherheitslage in Ouagadougou im Vergleich zu anderen Teilen des Landes als relativ sicher gilt, werden vor allem in den ländlichen Gebieten im Norden und Osten des Landes die Gebiete von terroristischen Gruppen kontrolliert, wodurch wir die Hauptstadt leider nicht verlassen sollen. Die aktuelle Militärregierung kooperiert gemeinsam mit dem Russischem Militär gegen die terroristischen Gruppen im Land. Auch innerhalb von Ouagadougou gibt es Sicherheitsmaßnahmen zu beachten, so sollten wir immer sehr aufmerksam sein und nicht alleine oder nachts zu Fuß unterwegs sein.
Es ist interessant, wie stark das Land von einer Abwendung von Frankreich geprägt ist. Als Weiße Personen werden wir oft direkt mit Frankreich assoziiert, was teilweise zu einer stark ablehnenden Haltung führt – unabhängig davon, ob wir aus Deutschland, Tunesien, Italien oder Spanien kommen. Die meisten Begegnungen mit anderen Studierenden und den Menschen hier sind jedoch sehr freundlich und herzlich. Wir haben das Gefühl, dass die Menschen hier uns generell mit Interesse und Respekt begegnen, besonders auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft und in unserer Straße.
Erste Bilanz meiner Erfahrungen
Die ersten drei Wochen meines Auslandssemesters in Ouagadougou sind unglaublich schnell vergangen, und mittlerweile hat sich der Alltag fest etabliert. Ich freue mich über die vielen neuen Erfahrungen, die ich bisher sammeln konnte – nicht nur im akademischen Bereich, sondern auch durch die Begegnungen mit den Menschen hier. Trotz der Herausforderungen wie der Sicherheitslage oder der täglichen extremen Hitze, die das Leben hier mit sich bringt, bin ich froh, diese Erfahrung zu machen. Ich bin mir sicher, ich werde eine Menge lernen und persönlich sowie akademisch an dieser Erfahrung wachsen!
Ich freue mich auf die kommenden Wochen und die neuen Eindrücke, die noch auf mich warten. Begleitet mich während meiner Zeit hier in Ouagadougou und erfahrt mehr zu Burkina Faso – dem Land der aufrichtigen Menschen!