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Der Europäische Rat und der Rat der EU (9/12)


An unserer neunten Station durch das Europäische Viertel lernen wir gleich zwei Organe der EU kennen – den Europäischen Rat und den Rat der EU. Meiner Meinung nach das ästhetische Highlight unseres Spaziergangs.

Dieser Beitrag ist Teil eines virtuellen Spaziergangs durch das Europäische Viertel mit insgesamt zwölf Stationen. Die anderen Stationen von diesem Spaziergang könnt ihr anhand der Nummerierungen in den einzelnen Beiträgen auf meinem Profil erkennen, wie in diesem Fall im Titel. Aber nun lasst uns ohne weitere Umschweife zum ersten europäischen Organ kommen: Dem Europäischen Rat!

Der Europäische Rat

Nun wird es aber erstmal ein bisschen komplizierter, denn es muss unterschieden werden zwischen dem Europäischen Rat und dem Rat der EU. Was ist denn jetzt was? Verzweifelt nicht, denn eure Correspondentin vor Ort klärt auf! Also: Der Europäischen Rat ist kein Gesetzgebungsorgan der EU, sondern in ihm kommen die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder zusammen, um die allgemeine Ausrichtung der EU-Politik festzulegen. Diese Gipfeltreffen finden in der Regel vier Mal pro Jahr statt. In dringenden Fällen kann der Präsident des Europäischen Rates, aktuell ist es Charles Michel, auch außerordentliche Tagungen einberufen. Und diese häuften sich in letzter Zeit, denn von Polen und Ungarn fehlte lange Zeit die Zustimmung zum EU-Haushalt. Kommen dann Merkel, Macron und Co. zusammen, herrscht im Europäischen Viertel in Brüssel Ausnahmezustand und der Bereich um den Schumankreisel wird weiträumig abgesperrt. Dann komme auch ich mit meinem Parlament-Ausweis nicht bis an den Kreisel heran, geschweige denn in irgendeines der Gebäude.

Der Europäische Rat ist noch relative jung. Alles fing an mit einem informellen Forum zwischen den Regierungschefs ab 1974. Mit dem Maastrichtvertrag von 1992 erhielten die Treffen einen offiziellen Status. Seit 2009 ist der Europäische Rat ein offizielles Organ der EU – eines von sieben. Der Europäische Rat ist die höchste Ebene der politischen Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern und bekommt daher mit die größte mediale Aufmerksamkeit. Ganz im Gegenteil zu seinem Namensvetter, dem Rat der EU.

Der Rat der EU

Der Unterschied zum Europäischen Rat ist, dass nicht die Regierungschefs zusammenkommen, sondern je nach Politikbereich die zuständigen Minister und Ministerinnen aus allen EU-Ländern. Aus diesem Grund hat der Rat der Europäischen Union keine festen Mitglieder (also Personen), stattdessen tritt er in zehn verschiedenen Formationen zusammen. Konkreter: Wenn der Rat zum Beispiel zum Thema Wirtschaft und Finanzen tagt, der sogenannte Ecofin-Rat, treffen sich die Finanzminister und -ministerinnen der EU-Mitgliedsländer.

Stellung

Der Rat der EU ist Teil des europäischen Gesetzgebungsverfahrens. Dabei nimmt er gemeinsam mit dem Europäischen Parlament die legislative Position ein, also die Abstimmung und Verabschiedung von EU-Rechtsvorschriften. Wie schon im vorherigen Blogeintrag thematisiert, hat die EU-Kommission das alleinige Initiativrecht. Das bedeutet, dass nur die EU-Kommission ein Gesetzgebungsverfahren einleiten kann. Der Rat der EU und das Europäische Parlament diskutieren über die Vorschläge, äußern Änderungswünsche und stimmen dann entweder für den finalen Gesetzestext oder dagegen. Es gibt aber auch noch das sogenannte politische Initiativrecht, bei dem die anderen beiden Organe die EU-Kommission zu neuen Initiativen auffordern können. Ob die Kommission dem Wunsch Folge leistet, bleibt dann dennoch ihr überlassen. Es liegt aber auch im Interesse der Kommission, sich mit den anderen beiden Organen gut zu stellen, damit zukünftige Gesetzestexte nicht womöglich blockiert werden. Schließlich sitzt die Kommission mit den beiden legislativen Organen in einem Boot.

In meinem Arbeitsalltag habe ich eher wenig Berührungspunkte mit dem Rat der EU. Nur einmal saß ich mit in einem Trilog. Wie der Name schon sagt, kommen hier alle drei Organe des Gesetzgebungsverfahrens zusammen: das Parlament, die Kommission und die Staaten (Rat der EU). Das Verfahren wird angewendet, um Zeit zu sparen. Kommt es im Trilog zu einer Einigung über einen Gesetzestext, so sind die Abstimmungen im Rat der EU und im Parlament nur noch Formsache.

Gründung und Vorsitz

Wie schon bei der Kommission wurde der Rat der EU offiziell mit dem Fusions-Vertrag von 1967 gegründet, in dessen Zuge die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) sowie die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) zu einer Europäischen Gemeinschaft fusionierten. Einen einzelnen Vorsitz wie bei der Kommission (aktuell Ursula von der Leyen) oder dem Europäischen Rat (Charles Michel) gibt es bei dem Rat der EU nicht. Stattdessen rotiert der Vorsitz zwischen den Mitgliedsstaaten. Das kommt euch bekannt vor? Genau, das habe ich schon in meinem ersten Blogeintrag erwähnt. Gemeinsam mit der Gründung der EWG 1958 wurde auch der Rat der EWG gegründet, der Vorläufer des heutigen Rates der EU. Das Rotationsprinzip, auf das man sich damals in der Notfallsitzung geeinigt hatte, wurde beim Fusions-Vertrag übernommen und hat bis heute Gültigkeit. Jedes halbe Jahr wechselt also der Vorsitz, wie es jetzt zum Neujahr wieder geschehen ist. Deutschland (wie passend) hat gerade erst den Staffelstab an Portugal übergeben. Hier findet ihr die Internetseite der deutschen Ratspräsidentschaft. Wenn also zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2020 der Ecofin-Rat tagte, war der deutsche Bundesfinanzmister Olaf Scholz der Vorsitzende. Steht man nun im Ratsgebäude und wird unsicher, welches Land aktuell den Vorsitz inne hat, muss man sich einfach nur umschauen. Die Flagge des jeweiligen Landes dominiert dann die Inneneinrichtung:

Anfangs gab es es nur die sechs Gründungsstaaten in der heutigen EU. Dadurch war jedes Land alle drei Jahre wieder dran beim EU-Ratsvorsitz. Jetzt mit 27 Mitgliedsstaaten übernimmt Deutschland den EU-Ratsvorsitz erst wieder in 13,5 Jahren. Das System ist sicherlich nicht das effizienteste, dafür aber politisch gerecht. Jedes Land ist mal an der Reihe. Damit die Effizienz aber ein bisschen gesteigert wird und die Prioritäten des Rates nicht halbjährlich variieren, gibt es seit längerem schon die Trio-Präsidentschaft. Dabei stimmen sich die nächsten drei aufeinander folgenden Länder in ihrem Programm während ihrer Ratsvorsitze ab, um mehr Kontinuität zu gewährleisten und zwar 18 Monate lang. Bis Ende 2021 haben Deutschland, Portugal und Slowenien die Trio-Präsidentschaft inne.

Hauptsitz

Spricht man allgemein vom Rat, so gibt es drei verschieden Gebäude. Das Europa-Gebäude, das Justus-Lipsius-Gebäude und das Lex-Gebäude. Ungewohnt zentriert für ein europäisches Institut, nämlich alle drei Gebäude befinden sich direkt nebeneinander. Im Lex-Gebäude ist der Übersetzungsdienst des Generalsekretariats des Rates untergebracht und davor steht die Statue „Stepping forward“ aus meinem vorherigen Instagram-Post. Das Lex-Gebäude ist nicht sonderlich spannend, daher springen wir gleich weiter zum Justus-Lipsius-Gebäude. Das Justus-Lipsius-Gebäude ist der Hauptsitz des Rates, wurde als erstes der drei Rats-Gebäude 1989 errichtet und steht direkt gegenüber vom Berlaymont-Gebäude der Kommission. Besonders abgestimmt sind die beiden Gebäude nicht aufeinander. Auffällig ist jedoch, dass man mit bloßem Auge nicht erkennen könnte, welches Gebäude höher ist. Das Justus-Lipsius-Gebäude sollte bloß nicht das Berlaymont-Gebäude überragen. Somit wurde penibel darauf Wert gelegt, dass beide Gebäude gleich hoch sind – um klipp und klar die Gleichwertigkeit beider Organe in der Gemeinschaft zu untermauern.

Aber kommen wir nun zum Europa-Gebäude, das schönste der dreien und erst 2016 fertiggestellt. Schnell ist es zum neuen Symbol Europas geworden, denn seit seiner Fertigstellung finden alle wichtigen Gipfeltreffen des Europäischen Rates, des Rates der EU und anderen hochrangigen Gremien im Europa-Gebäude statt. Die Außenfassade des würfelförmigen Gebäudes besteht aus einem Patchwork von restaurierten Holzfensterrahmen, die von renovierten oder abgerissenen Gebäuden aus den EU-Mitgliedstaaten stammen. Damit soll Werbung für nachhaltige Entwicklung und die Wiederverwertung von Materialien gemacht werden und als Sinnbild des handwerklichen Könnens und der kulturellen Vielfalt in der EU dienen. Die Fassade soll außerdem an das EU-Motto „in Vielfalt geeint“ erinnern, denn alle Fenster sind unterschiedlich, aber alle sind aus Eichenholz oder einem ähnlichen Holz gefertigt. In dieses würfelförmige Gebäude wurde eine vasenförmige Konstruktion mit unterschiedlich großen, elliptischen Etagen geschaffen. Auf den Etagen befinden sich die Konferenzsäle.

Glasfassade eines quadratischen Gebäudes mit Holzrahmen in unterschiedlichen Größen
Europa-Gebäude mit seiner Außenfassade.

Die Außenfassade symbolisiert den Körper eines gemeinsamen, vielfältigen Europas, die Vase im Inneren symbolisiert ihr „schlagendes Herz“. So bekommt der Satz „in dieser Woche treffen sich die Regierungschefs im Herzen Europas“ plötzlich eine ganz neue Bedeutung – findet ihr nicht? Die Idee hinter dem Gebäude erinnert mich immer ein bisschen an eine Animationen unseres Herzens. In den Videos wird doch oft zunächst auf den Brustkorb gezoomt und dann wird die Haut transparenter, sodass im inneren des Körpers das rot leuchtende und schlagende Herz zum Vorschein kommt. Was eine Animation beim menschlichen Köper kann, regelt im Falle des Europa-Gebäudes die Sonne. Nach Sonnenuntergang wird die Vase hell ausgeleuchtet und durch die glasige Fassade gut von außen sichtbar. Ach, wie poetisch. Okay, ich höre schon auf. Aber nicht nur mir gefällt das Europa-Gebäude besonders gut, auch die EU findet ihr Gebäude echt schön. Deshalb wurde dem Europa-Gebäude eine eigene Multimedia-Story gewidmet.

Bei meinem Instagram-Post zu dem Europa-Gebäude kam mir damals die Idee für den virtuellen Spaziergang. Da das Gebäude sehr ästhetisch ist, wollte ich gerne einen ganzen Blogeintrag über das Europa-Gebäude und dann auch über den Rat allgemein schreiben. Aber die EU-Kommission hätte ich dann nicht außen vor lassen können. Geschweige denn das Europäische Parlament, schließlich mache ich dort mein Praktikum. Und wie könnte man das alles verbinden? Na klar, ich mache einen virtuellen Spaziergang mit euch, ganz coronakonform!

Aber nun reißen wir uns schweren Herzens vom schönen Anblick des Europa-Gebäudes los. Schließlich müssen wir weiter. Es fehlt nämlich noch ein europäisches Organ auf unserer Liste: das Europäische Parlament. Auf dem Weg dorthin machen wir aber noch einen kleinen Schlenker durch den Leopold-Park, die zehnte Station unseres Spaziergangs. Schließlich müssen wir erst mal eine Runde verschnaufen.

Stadtplan von Brüssel mit eingezeichneter Route
Der Stadtplan vom Europäischen Viertel mit unserer Route und den einzelnen Stationen.

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