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Warum ein Auslandsaufenthalt kein Zeitverlust ist


Man hat es oder man hat es nicht. Ich gehöre auf jeden Fall zu denen, die es haben: Fernweh, Reisefieber, Wanderlust. Oft werde ich gefragt „Clara, warum willst du immer in die Welt hinaus? Du hast doch schon so viel gesehen. Reicht das nicht? Du verlierst doch so viel Zeit dadurch.“ Zeit verlieren?! Auf keinen Fall. Meine bisherigen Auslandsaufenthalte und Abenteuer haben mich zu der Person gemacht, die ich bin. Und ich möchte diese Erfahrungen niemals missen, auch wenn ich zwei Semester länger studiere und nach meinem Studium nicht direkt ins Referendariat gehe. Denn ich habe das meiste aus meinem Fernweh gemacht.

Clara Schaksmeier und Globus
Ein Auslandsaufenthalt ist kein Zeitverlust!

Wie ich mich mit dem Reisefieber infizierte

Englischunterricht, 8.Klasse. Das Thema der Unterrichtsreihe: Australien. Ich sollte ein Referat über das Great Barrier Reef vorbereiten und es in der nächsten Woche vor der Klasse präsentieren. Missmutig machte ich mich an die Recherche. Doch schnell haben mich die Bilder der australischen Landschaft und der Natur in ihren Bann gezogen. Ich war begeistert und wusste, ICH WILL DAHIN. Ich möchte all das, was mir auf dem Computerbildschirm entgegenleuchtete, live sehen und erleben. Ich möchte in die Welt hinaus.

Mit 18 Jahren bereiste ich für einen Monat die Ostküste Australiens. Von Sydney ging es hoch nach Airlie Beach. Dort schnorchelte ich auch am Great Barrier Reef. Mission completed, Traum erfüllt. Doch mein Fernweh war damit nicht gestillt – im Gegenteil. Meine Reise hat mir gezeigt, dass es so viel in dieser Welt zu entdecken gibt, so viele Kulturen zu erleben und so viele Dinge zu lernen. Man trifft im Ausland spannende Menschen mit inspirierenden Geschichten. Ich wollte mehr.

Alles auf ein neues Level bringen

Drei Jahre nach Australien, ich war mitten in meinem Studium, spürte ich wieder dieses Kribbeln. Ich merkte, ich muss nochmal weg. Raus aus dem Unialltag, rein in ein neues Abenteuer. Ich war zwischendurch verreist, nach Stockholm oder Schottland zum Beispiel. Aber diesmal sollte es keine „einfache“ Reise sein, kein zwei bis sechs Wochen langer Urlaub. Ich wollte im Ausland arbeiten und dort den Alltag erleben. Ich wollte ein fremdes Land erleben statt es nur zu bereisen.

Als Fremdsprachenassistentin nach Kanada

Als Fremdsprachenassistentin ging ich mit dem PAD, dem Pädagogischen Austauschdienst, für neun Monate nach Kanada. Das bedeutete aber, dass ich mein Studium unterbrechen musste. Ich zweifelte kurz: War es das wert, für diese Anstellung zwei Semester „zu verlieren“? Ich konnte mir keine Lehrveranstaltungen anrechnen lassen, lediglich ein Pflichtpraktikum von zwei Wochen wurde mir anerkannt. Doch das war mir egal. Ich wollte diese einmalige Chance ergreifen.

Mit meiner Anstellung an der University of Guelph konnte ich mein Leben in Kanada finanzieren. Um den Flug und die ersten Wochen zu bezahlen, legte ich in Deutschland als Kellnerin Nachtschichten ein, aber das war es wert. In Kanada zu leben und zu arbeiten war eine der besten Erfahrungen meines Lebens. Ich wurde ins kalte Wasser geschubst und musste eigenständig deutsche Sprach- und Kulturseminare an der Uni organisieren und durchführen. Keine Vorlesung und kein Schulpraktikum prägte mich so sehr wie die Arbeit als Fremdsprachenassistentin. Es gab Niederlagen und Erfolgserlebnisse. Nicht alle meine Stundenplanungen gingen auf. Doch woraus lernt man besser als aus seinen Fehlern? Allein in einem fremden Land fand ich neue Freunde und baute ein soziales Netzwerk auf. Neben der harten Arbeit reiste ich viel und ging mit dem Outdoor Club der Uni und Freunden auf Wanderungen, Roadtrips und Kanutouren. Ich genoss das kanadische Leben in vollen Zügen.

Als neuer Mensch zurück in Deutschland

Zurück in Deutschland wurde schnell deutlich, dass ich nicht mehr dieselbe war, die das Land damals verlies. Ich war selbstbewusster und erwachsener geworden. Besonders meine Freunde merkten das schnell. Zurück im Studium bemerkte auch ich, dass vieles anders war. Viel reflektierter und verantwortungsbewusster ging ich an die Vorlesungen ran- und das mit Erfolg. Besonders in Englisch haben sich meine Noten wesentlich verbessert. Auch ein Dozent, der mich seit dem ersten Semester kennt, sprach mich auf meine Entwicklung an.

Auch nach dem Studium nochmal weg

Nun habe ich mein Studium erfolgreich abgeschlossen und es kribbelt wieder. Wo andere einen glatten Übergang vom Studium ins Referendariat anstreben, möchte ich lieber noch einmal raus. Man arbeitet noch lange genug im Leben und ich fühle mich noch nicht bereit dafür, endgültig erwachsen zu werden. Da kam das Projekt SCHULWÄRTS! wie gerufen. Ich kann vor dem Berufsleben noch einmal Lehrerfahrungen sammeln und darüber hinaus eine vollkommen neue Kultur kennenlernen. Ein Aufenthalt in Asien ist nochmal eine andere Herausforderung als ein Leben in einem westlich geprägten Land und es wird bestimmt nicht immer einfach werden. Besonders die Fremdheitserfahrung reizt mich sehr und wird mein Praktikum zu einem einzigartigen Erlebnis machen. Und auch diesmal weiß ich, dass es alle Mühen wert sein wird.

Was kann man also besseres tun, als die Sehnsucht nach neuen Kulturen und Abenteuern mit dem Studium oder einem Praktikum zu verbinden? Ob als AustauschstudentIn, PraktikantIn oder FremdsprachenassistenIn – wenn man in ein fremdes Land geht, um dort zu leben, holt man garantiert das meiste aus seinem Fernweh heraus. Und ob man dadurch ein oder zwei Semester länger studiert, spielt dann doch auch keine Rolle mehr.

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