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Interview: Keine Angst vor neuen Wohnformen

WG oder Wohnheim? Und welche anderen Möglichkeiten sind während des Auslandsaufenthalts denkbar? Die Entscheidung für die passende Unterkunft kann nicht immer nur aus finanzieller Sicht fallen, vor allem wenn es an Optionen mangelt. Wohnpsychologin Dr. Barbara Perfahl verrät die Vor- und Nachteile einer WG und welche Reize andere Wohnformen haben. Außerdem erklärt sie, wie die neue Unterkunft schnell zum Wohlfühlort wird.

Porträt der Wohnpsychologin Dr. Barbara Perfahl
Wohnpsychologin Dr. Barbara Perfahl

Was sind die Vorteile einer Wohngemeinschaft (WG)?

Dr. Barbara Perfahl: Es ist immer jemand zum Reden da, es gibt sofort ein soziales Umfeld, zu dem man einen direkten Draht hat und das ohne langen Anlauf, da man gemeinsame Tagesabläufe hat. International gedacht erhält man schnell Anschluss zu Menschen aus anderen Kulturkreisen und mit anderen Lebensgewohnheiten. Das ist etwas sehr Spannendes und es erweitert den eigenen Horizont: Wie wird in anderen Ländern gelebt? Was wird gekocht? Wohnen ist auch regional sehr unterschiedlich. Von Land zu Land wird anders gelebt.

Nicht alle Menschen zieht es sofort in eine WG. Woran erkennt man, dass ein Einzug in eine WG lieber vermieden werden sollte?

Perfahl: In einer WG ist Privatsphäre nicht immer gegeben. Wenn man viel Rückzugsbedarf hat, ist eine WG vielleicht die falsche Sache. In Wohngemeinschaften sind auch viele Abstimmungen notwendig. Die Bewohner müssen sich organisieren. Wer viele eigene Rituale im Alltag hat, zum Beispiel immer die gleiche Morgenroutine, der sollte den Einzug in eine WG ebenfalls in Frage stellen. Wie abstimmungs- und anpassungsfähig man ist, kann man zum Beispiel in Lerngruppen während des Studiums merken. Auch wenn man sich selbst hinterfragt, merkt man, ob eine WG das Richtige ist oder nicht.

In vielen Städten bietet sich auch die Möglichkeit eines Wohnheimplatzes. Was gibt es bei dieser Option zu beachten, wenn man noch nie in einem Wohnheim gelebt hat, abgesehen davon, dass man sich unter Umständen frühzeitig um einen der Plätze kümmern muss?

Perfahl: In Studentenwohnheimen gibt es oft eine bessere Infrastruktur. Dadurch muss man sich um weniger kümmern als in einer WG. Eventuell gibt es sogar einen Reinigungsservice. Manchmal befindet sich direkt im Gebäude eine Cafeteria oder es werden Freizeitmöglichkeiten angeboten. Gleichzeitig gibt es im Wohnheim oft weniger Einflussmöglichkeiten und stärkere Regeln: Gibt es Sperrstunden? Darf jemand bei mir übernachten? Ich kenne sogar ein Wohnheim, das im Jahr zwei Monate lang einfach geschlossen war. Es gibt auch Wohnheime, in denen man sich ein Zimmer mit einer anderen Person teilt. Wer also diese Wohnform während seines Auslandsaufenthalts in Betracht zieht, sollte sich im Vorfeld unbedingt über die Bedingungen vor Ort informieren. Es macht zudem einen großen Unterschied, ob im Gebäude 40 oder 400 Leute leben. Positiv kann man an einem Wohnheim auch sehen, dass viele Menschen um einen herum sind, die bei Fragen weiterhelfen können. So gelangt man schnell an Informationen und an neue Kontakte.

Und wenn es im Ausland eine eigene Wohnung werden soll? Was hätte das für Vorzüge?

Perfahl: Eine eigene Wohnung bietet den größten Gestaltungsspielraum und auch die größten Rückzugsmöglichkeiten. Man kann selbst entscheiden, wann Besuch kommt und wie lange er bleiben darf. Für Ruhebedürftige ist eine eigene Wohnung ebenfalls ideal. Allerdings kann der soziale Anschluss fehlen. Das ist nicht zu unterschätzen, gerade im Ausland. Dort sind Freunde und Familie weit weg. Man muss sich auf vieles neu einstellen. Wenn man also Sorgen hat und sich Austausch wünscht, fällt das zum Beispiel in einer WG leichter.

Gibt es so etwas wie eine Regel, dass man in der Großstadt eher eine WG wählen sollte und auf dem Land eher eine eigene Wohnung?

Perfahl: Nein. Entscheidend sind die eigenen Bedürfnisse. Oft nimmt auch das Angebot die Entscheidung vorweg. In Städten wie London wird man sich eine eigene Wohnung kaum leisten können. In ländlicheren Regionen gibt es weniger Anlaufstellen als in Großstädten. Wenn man dann dort noch allein lebt, wird es auch schwieriger mit dem sozialen Anschluss.

Eine andere Option ist noch, im Ausland bei einer Familie zu leben. Was gibt es hier zu bedenken?

Perfahl: Ich empfehle, darauf zu achten, von Anfang an die Spielregeln zu besprechen: Welche Regeln gelten im Haus? Wenn man bei einer Familie wohnt, ist man eng an deren Privatsphäre dran. Dadurch kann man auch einen starken Anschluss an die Familie und die Kultur erhalten. Zu beachten ist auch, dass man sich bei einer Familie eher an Regeln anpassen muss als in einer WG, in der Regeln oft gemeinsam aufgestellt werden. Wer sich für ein Zimmer bei einer Familie entscheidet, sollte ein ähnliches Bedürfnis nach Privatsphäre haben wie die Familie.

Woran erkennt man, was man für ein Wohnungstyp ist?

Perfahl: Eine Wohnung erfüllt verschiedene Bedürfnisse: Sicherheit, Privatsphäre, Geselligkeit, sein Umfeld gestalten. Man muss sich eigentlich nur selbst hinterfragen: Was ist mir wichtig? Bin ich gern allein? Bin ich gern unter Leuten? Bin ich lärmempfindlich? Anhand solcher Fragen kommt man selbst zu einer Antwort.

Was sollte man beim Einrichten seines Zimmers oder seiner Wohnung im Ausland beachten? Durch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie ist die Wohnung als Aufenthaltsort ja noch wichtiger geworden.

Perfahl: Glücklich wohnen ist keine Frage des Geldes. Drei nette Kissen für ein paar Euro können angenehme Farben in die Wohnung bringen. Oder zwei schöne Papierlampen. Das sind keine großen Investitionen. Man kann mit wenig Aufwand viel schaffen. Es empfiehlt sich auch, persönliche Gegenstände mitzubringen. Ein Foto von der Freundin, dem Freund oder der Familie an der Wand und schnell wird aus einem anonymen Zimmer mein Zimmer. Das passt auch gut ins Gepäck. Wohnen heißt Aneignen der Wohnräume. Das geschieht durch persönliches Gestalten und Erfüllen der eigenen Bedürfnisse.
Erkennt man denn immer seine Bedürfnisse beim Wohnen?
Perfahl: Nein und das ist ein Problem. Manche Menschen fühlen sich unwohl, wissen aber nicht, dass das am Zustand ihrer Unterkunft liegt.

Wie können sie es erkennen?

Perfahl: Da gibt es Übungen und Techniken. Zum Beispiel kann man seine Wohnung wie ein Besucher entdecken. Man schaut in eine fremde Wohnung mit einem fremden Blick. Stören mich vielleicht die unsortierten Unterlagen in der Ecke? Eine andere Möglichkeit ist, den Raum zu fotografieren. Auf einem Foto fallen eher Dinge auf, die stören. Es gibt auch die umgekehrte Übung: Man stellt sich vor, dass man sich bei einer guten Fee die Dinge für die Traumwohnung wünschen kann. Es geht einfach darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was einem wichtig ist und was nicht.

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