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Abschied nehmen?

Mein letzter Tag als Correspondent, doch nicht der letzte Tag meines Abenteuers außerhalb Deutschlands. Wie fühlt sich das an? Welche Gedanken und vielleicht sogar Ängste schleichen sich im Hinblick auf die Zukunft ein und wie sehen überhaupt meine nächsten Schritte aus? Ein Blick hinter die farbenfrohe und laute Aufmachung auf den sozialen Plattformen, auf denen alles immer schön und gut zu sein scheint.

Ganz ehrlich? Ich wollte diesen Beitrag schon seit Tagen fertig geschrieben haben, doch ich drücke mich bereits eine ganze Weile davor. Wenn ich so darüber nachdenke, will ich diesen Beitrag eigentlich lieber gar nicht erst angehen. Doch warum? Mir machen Veränderungen, Rückblicke, und die Zukunft ganz einfach manchmal Angst. Insbesondere, wenn die Welt in der heutigen Zeit so zugänglich ist und die damit verbundenen (Karriere-, Wohn-) Optionen somit endlos erscheinen. Wo werde ich arbeiten? Doch viel wichtiger: wo werde ich leben? Werde ich Utrecht, zumindest für eine ganze Weile, zurücklassen und welche Auswirkungen wird das auf mein Leben haben? Möchte ich noch weiter weg von Deutschland leben? Und was ist eigentlich mit all den Orten, die mir zuvor als potentieller neuer Lebensmittelpunkt im Kopf herumgeschwirrt sind? Das muss euch schon beim durchlesen Kopfschmerzen bereiten, und glaubt mir, das tut es im echten Leben manchmal auch.

Wie fühle ich mich?

Doch fangen wir doch mal mit meinen aktuellen Gedanken an. Ich fühle mich gerade etwas verloren, doch gleichzeitig so glücklich und am richtigen Ort gut aufgehoben. Wie geht das überhaupt? Ich versuche mein Gedankenchaos mal für euch auszulegen.

Reisen und Leben an anderen Orten ist ein wundervolles Abenteuer. Es gibt so viel zu sehen und zu erleben in der Welt, und nichts ist vergleichbar mit dem Bauchkribbeln oder sogar der irgendwie postitiven Angst, neue interessante Menschen, Kulturen, Küchen und Lebensweisen kennen zu lernen. Aber manchmal, inmitten all der Aufregung und des Staunens und noch viel mehr, wenn diese so langsam abklingen, schleicht sich ein Gefühl des Unbehagens ein. Ein Gefühl, dass man an diesen neuen Ort wohl nie ganz hingehören wird, oder das etwas fehlt, das so schön vertraut ist, wie der Ort an dem ihr aufgewachsen seid. Ich würde es vielleicht sogar als ein Gefühl von Heimweh beschreiben, auch wenn dieses eher daher rührt, nicht mehr wirklich zu wissen, wo die Heimat überhaupt ist.

Und ja, vielleicht fängt es ganz klein an – ein Gefühl der Orientierungslosigkeit, ich meine aber natürlich nicht im eigentlichen Sinne. Vielleicht passiert es auf der Arbeit, in der Uni oder einfach nur im Alltag. Manchmal hat diese ‚Orientierungslosigkeit‘ einen Auslöser, wie Sprachbarrieren oder eine unschöne Begegnung, die einen damit konfrontiert, dass das Gras nicht durch die Bank weg grüner ist außerhalb des eigenen Landes. Vielleicht ist es aber auch eine plötzliche Welle der Sehnsucht nach Menschen und Orten, die ich zurückgelassen habe, in wie vielen Orten auch immer. So oder so, diese Orientierungslosigkeit kann überwältigend sein.

Und es geht nicht nur darum, dass ich die Menschen, Orte oder banalen und kuriosen Dinge, die ich liebe, wie meinen Lieblingsdrogeriemarkt, deutsche Arztbesuche oder den Garten meiner Mutter oder was auch immer, unbewusst vielleicht mehr vermisse als angenommen, obwohl das sicherlich ein großer Teil davon ist. Es geht auch oder vielleicht mehr darum, dass ich mich von allem losgelöst fühle, was mir Jahre lang vertraut war. Die Routine und der Rhythmus meines alten Lebens ist verschwunden und durch ein ständiges Gefühl der Vergänglichkeit ersetzt worden. Ich weiß nicht, wie lange ich an diesem oder dem nächsten Ort bleiben oder wohin ich überhaupt als Nächstes gehen werden. Es fühlt sich so an, als lebe ich in einem ständigen Schwebezustand, dauernd auf der Suche und nie ganz in der Lage, mich niederzulassen und Wurzeln zu schlagen.

Und so ziehst du weiter. Du erkundest neue Orte, probierst neue Dinge aus, triffst neue Leute. Du machst Fotos und Erinnerungen und redest dir ein, dass du das doch immer wolltest – frei sein, unbelastet von den Zwängen von zu Hause. Aber mit der Zeit verblasst das Gefühl der Unbeschwertheit und auch dieses Gefühl der Leere geht nicht weg. Es bleibt bestehen und ich habe bereits vor ein paar Jahren angefangen mich zu fragen, ob es nicht vielleicht sogar ein Fehler war so oft über den Tellerrand hinaus zu schauen. Ob ich mich auf einen Ort hätte konzentrieren, dort bleiben und ein Leben aufbauen sollen, anstatt dem schwer fassbaren Bauchkribbeln des Unbekannten hinterher zu jagen. Und noch viel wichtiger, ob ich das Gefühl von Glück nicht lieber in mir selbst hätte suchen sollen, anstatt in einem unbekannten Ort.

Und nein! Ich bereue keine meiner Entscheidungen, das versuche ich allgemein nicht mehr zu tun. Es ist nicht so, dass ich meine Meinung über die unglaublichen Bereicherungen (dazu unten mehr), die im Zusammenhang mit Auslandserfahrungen stehen, geändert habe. Ich habe das unfassbare Glück durch diese so viel gelernt, und Dinge mit den wundervollsten Menschen erlebt zu haben, von denen ich mich nicht einmal getraut hätte zu träumen. Aber ja, manchmal, spät in der Nacht, wenn ich im Bett liege und die Welt um mich herum still ist, kann ich nicht anders, als ein Gefühl der Melancholie zu empfinden. Eine Sehnsucht nach etwas, das ich nicht genau benennen kann, ein Gefühl der Zugehörigkeit, das immer unerreichbar scheint.

Ich habe immer gedacht: vielleicht finde ich ja eines Tages einen Ort, der sich wie ein Zuhause anfühlt, eine Gemeinschaft, die dich mit offenen Armen aufnimmt. Das habe ich in Deutschland nie wirklich verspürt. Das lag vielleicht an meiner persönlichen Lage, externen Umständen oder daran, dass ich Deutschland, warum auch immer, nie wirklich eine faire Chance gegeben habe, mich von seiner Schönheit zu überzeugen. Was nicht bedeutet, dass ich das, was ich in Deutschland hatte oder teils noch habe, nicht wertzuschätzen weiß. Im Gegenteil, vielleicht musste ich erst loslassen und in die Welt hinausgehen, um wirklich zu erkennen, was für ein Glück ich und wir alle in Deutschland doch haben. Nichtsdestotrotz, glaube ich mittlerweile dieses Gefühl nach ‚Zuhause‘ viel mehr hier in Utrecht gefunden zu haben. Doch leider eben nicht nur hier, oder doch? Keine Ahnung!

Ihr merkt es schon, vielleicht werde ich einfach immer weiter auf der Suche nach diesem schwer fassbaren Gefühl der Erfüllung sein. In jedem Fall weiß ich eines ganz genau: Die Kehrseite von Auslandsaufenthalten, Auswandern oder wie auch immer ihr es nennen wollt, bedeutet für mich, dass ich mich ungebunden und abgehängt fühle, jedoch meist im negativen Sinne. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich meine Erfahrungen und mein Leben gegen nichts eintauschen wollen würde.

Ja, so ist das, der ständige Konflikt irgendwie zu verändert zu sein um noch in den Geburtsort zu passen, und doch immer ein bisschen zu fremd und anders, um mich nahtlos in die neue Kultur einzufügen.

Ein Blick in die Vergangenheit und die Hassliebe zu Veränderungen

Doch was genau habe ich hier erlebt? Ich bin hier so gewachsen und habe glaube ich das erste Mal wirklich verstanden, was es bedeutet sich ausschließlich um mich zu kümmern und sich nur auf mich zu konzentrieren. Ich habe hier wunderbare Menschen um mich herum, die mich inspirieren, die beste Version meiner selbst zu sein und es fühlt sich so an, als könnte ich etwas super Besonderes verlieren, wenn ich mich entscheiden sollte hier wegzuziehen. Doch wieso haben wir immer Angst, etwas Schönes zu verlieren oder nehmen an, dass Veränderungen hierauf eine negative Auswirkung haben könnten? Wieso nicht lieber unglaublich dankbar sein, dass wir etwas haben, dass so besonders ist und es genau deshalb niemals zerbrechen wird? Mir gefällt dieser Gedanke persönlich besser, es ist jedoch komischerweise schwerer hiervon überzeugt zu sein, als vom Gegenteil.

Ich habe in Utrecht noch sechs Monate vor mir, mindestens. Und ich liebe mein Leben hier! Aber gleichzeitig fühlt es sich an, als wäre da draußen ein Job im Bereich Nachhaltigkeit am anderen Ende der Welt, der mich unglaublich glücklich machen könnte. Auch wenn das bedeutet mein Zuhause, ein weiteres, erneut zurückzulassen. Ich habe doch aber noch so viel vor und Dinge, die ich hier noch sehen und erleben möchte. Wie viel Zeit bleibt mir dafür? Wie kann ich im maximalsten Sinne im Moment leben, wenn doch jeder irgendwie erwartet, dass ich einen Plan für den nächsten Abschnitt parat habe?

Hand hoch, wenn euch Veränderungen in erster Linie auch Unbehagen bereiten. Gestern erst habe ich mit meiner besten Freundin angefangen ihre ersten Umzugskartons zu packen. Sie zieht innerhalb Utrechts um und ich bin unfassbar happy für sie! Es schleicht sich aber auch das Gefühl ein, einen wichtigen Part meines Lebens hierdurch zurückzulassen. Ihr Zimmer, ihre Mitbewohner, all die sorgenfreien, unbeschwerten – aber auch traurigen und schweren – Momente und Erinnerungen sind so prägend, im positiven Sinne. Und auch wenn ich weiß, dass die Zukunft so viel Schönes bereit hält, kann ich gerade nicht leugnen, dass es sich so anfühlt, als würde ich unterbewusst Abschied von diesem prägenden Abschnitt nehmen. Die Haustür dieser Wohnung stand damals weit offen, als ich mit Sack und Pack in meinem Auto mit riesigem Herzschmerz nicht wirklich wusste wohin mit mir. Meine beste Freundin und all meine anderen Freunde haben mir ein Zuhause und sogar eine kleine Familie gegeben, ein ‚home far away from home‘, für das ich nicht dankbarer sein könnte.

Doch warum haben wir so viel Angst davor, dass Dinge zerbrechen können? Warum wollen wir diese Marmeladenglasmomente konservieren? Weil sie so schön sind und unsere Herzen erwärmen. Doch vielleicht ist es auch schön zu denken, dass da noch so viel mehr auf uns wartet und dass gerade aufgrund der Verbindungen zu diesem Ort alles gut werden wird. Egal, wo mich mein Weg hinführen wird. Ich habe besondere Menschen, die mich lieben und das wird sich nicht verändern. Und selbst wenn sich einige Verbindungen verändern sollten, bedeutet das per se nichts Schlechtes. Jede Begegnung und Verbindung in unseren Leben kann für immer bleiben oder nur für eine gewisse Zeit – sie lehrt uns Dinge und bereichert uns.

‚Komt goed‘ würden meine niederländischen Freunde jetzt sagen. Und ja, wahrscheinlich wird auch alles gut werden und die scary Gedanken sind das einzige, das mir das Schlafen ab und an grundlos schwer machen wird. Schließlich hätte ich vor zwei Jahren auch niemals angenommen, mal in den Niederlanden mit meiner besten Freundin zu leben, dass sich mein Leben in Deutschland weitestgehend verändert hat, beziehungsweise so wie es einmal war gar nicht mehr existiert, dass ich meinen Karrierepfad endlich wieder in die richtige Richtung gedreht habe und so stolz auf meine eigene Entwicklung sein werde. Und doch bin ich jetzt hier, glücklicher mit mir und allem herum als jemals zuvor. Es ist jedoch nach wie vor irgendwie verrückt zu bemerken, dass mich mein Motto ‚ein bisschen mehr ‚ja‘ zu den Dingen sagen, die mir (ein bisschen) Angst machen‘ genau dahin gebracht hat, wo ich jetzt bin, mir aber gleichzeitig im Weg steht, genau das an einem anderen Ort wieder zu tun.

Ein Ausblick in die Zukunft

Und zu guter letzt die Antwort (auch wenn es nicht wirklich eine ist) zur Frage, was denn die Zukunft bereithält. Werde ich hier bleiben? Vielleicht nicht. Wird die Niederlande immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben und sich wie Zuhause anfühlen? Ganz bestimmt. Ich habe mir ein wunderschönes Leben mit tollen Menschen aufgebaut (ich kann es gar nicht oft genug erwähnen). Ich fühle mich hier wirklich Zuhause, will jedoch aber auch noch in anderen Ländern leben und Erfahrungen sammeln, und auch zu Deutschland fühle ich mich auf irgendeine Weise verbunden. Es ist zwar Jammern auf hohem Niveau, doch was macht man, wenn man sein Herz an mehreren Orten verloren hat? Wenn Zuhause nicht mehr nur ein Ort bedeutet?

Es ist irgendwie schwer sich etwas so Besonderes aufzubauen, um es dann wieder loszulassen. Allerdings weiß ich auch, dass die Verbindungen zu diesem und anderen Orten nicht einfach verschwinden. Man trägt sie mit sich. Zudem habe ich noch so viel vor und möchte noch so viel erleben. Daher bin ich mir nicht sicher, was ich ab August machen werde, wen ich mein Abschlusszeugnis in den Händen halte. Das Schöne ist aber: das muss ich ja auch nicht. Meistens verbringt man so viel Zeit über die Zukunft nachzudenken, vergisst den Augenblick zu genießen, nur um dann festzustellen, dass das Leben doch andere Pläne für uns hat. Also, bitte stresst euch nicht nach einem Auslandsaufenthalt! Ihr dürft auch traurig sein, wenn die anfängliche Freude der Rückkehr verflogen ist und ihr euch etwas unvollständig fühlt. Das ist normal und in Ordnung. Ein Zeichen, dass ihr vor Ort alles richtig gemacht habt. Ob das aber wieder weggeht? Ich glaube für die meisten wohl nicht.

Und die berufliche Zukunft? Ich kann mir sehr gut vorstellen noch einen Master in Meeresbiologie an der Universität im Nachbarort Wageningen zu studieren. Ich fühle mich aber auch bereit in einem anderen Land im Bereich Meeresschutz zu arbeiten. Das ist ultimativ ja auch der Traum und mein Ziel. Immer wieder spiele ich mit dem Gedanken nach Costa Rica zurückzugehen, wo ich letztes Jahr für ein paar Monate ein Praktikum im Bereich Nachhaltigkeit beziehungsweise Korallenrestauration absolviert habe. Aber es gibt noch so viele andere Orte, die mich interessieren oder an denen ich bereits wunderschöne Zeit verbracht habe und zu denen ich mich stark verbunden fühle, wie die Philippinen zum Beispiel. Doch was ist ein Traumland ohne einen Großteil meiner Herzensmenschen?

Mädchen am Strand, lächelnd über beide Ohren
Ob ich hier glücklich bin?

Vielleicht geht es am Ende ja auch gar nicht darum, genau zu wissen wo die Reise hingeht, sondern diese zu genießen. Auch wenn das leichter gesagt ist, als getan. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass Pläne machen eigentlich keinen Sinn ergibt, da das Leben bisher tatsächlich immer seine eigenen Pläne für mich bereithielt. Habe ich jemals geplant nach Utrecht zu ziehen? Hätte ich jemals gedacht, meinen zukünftigen Lebensmittelpunkt nach Costa Rica verlegen zu wollen? Hartes NEIN. Deswegen: warum stressen, wenn am Ende doch alles anders kommt?

Was ich letztlich damit sagen möchte ist, dass ihr nicht zu hart zu euch sein solltet. Wir über- und zerdenken alle manchmal. Sei es über die Vergangenheit oder die Zukunft. Doch wenn das passiert, erinnert euch daran, dass das Glück im hier und jetzt liegt (so kitschig das auch klingen mag) und wir immer genau da sind, wo wir gerade sein sollten. Es ist doch eigentlich ohnehin viel spannender nicht zu wissen, wo die Reise hingeht, oder?

Eins ist zusammenfassend jedenfalls klar. Ich habe mich hier sehr verändert, bin gewachsen, habe viel über mich selbst gelernt, bin offener geworden und von Tag zu Tag dankbarer für das Glück das ich hier habe. Wenn ich die Entscheidung treffen sollte wegzuziehen, dann wird mir das ein bisschen das Herz brechen. Ein Stück Herz, das für immer hier bleiben wird und mich mit all meinen Marmeladeglasmomenten und wundervollen Herzensmenschen verbindet.

Nur das Beste für euch <3
Tamara

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