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Sonnenbrand zu Weihnachten


Es regnet in Sevilla als meine Cousine mich mit dem Auto abholt. Ich muss hinten sitzen, wir müssen Maske tragen, weil wir nicht im selben Haushalt wohnen … noch nicht. Denn wir sind unterwegs nach Los Barrios, wo ich ein paar Tage bei meiner Familie verbringe.

Die letzten Tage war es arg kalt in unserer sevillanischen WG. Die Wohnung ist so gut isoliert wie ein Kartenhaus und hat – wie die meisten in Andalusien – keine Heizung! Ich packe also den dicken Wintermantel ein … würde ihn aber nicht brauchen, denn in Los Barrios kitzelt das Thermometer an der 20-Grad-Marke.

Los Barrios

Die Kleinstadt in der Provinz Cádiz liegt zwei Autostunden von Sevilla entfernt. Am südlichsten Zipfel des europäischen Festlandes. Inmitten eines Nationalparks. Natur, Berge, Strand und ein Wetter zum Dahinschmelzen (im Sommer ist das wörtlich zu nehmen) – mein Onkel und meine Tante haben sich ein nettes Fleckchen Erde zum Leben ausgesucht.

Steile Straße führt herab, Autos am Gehweg geparkt, blauer Himmel mit Wolken und Berge am Horizont.

Tarifa

Unser erste Tagesausflug geht nach Tarifa. Das ist nun wirklich die am südlichsten gelegene Stadt des Landes. Eine Meerenge von gerade mal 14 Kilometern trennt sie von Marokko.

Meer mit Wellen, die ans Ufer schlagen, im Hintergrund Berge.
Dort am Horizont beginnt Afrika.

Tarifa wird aufgrund der optimalen Wetterbedingungen als eine der Hauptstädte des Wind- und Kite-Surfens angesehen. An guten Tagen preschen bis zu drei Meter hohe Wellen an die Küste. Die locos por el viento („Windverrückte“) – so werden die Sportler von den Einheimischen genannt – können sich hier sogar zwischen zwei Ozeanen entscheiden.

Junger Mann mit Maske neben einem Schild "Oceano Atlantico" in Läuferstellung.
Vom Atlantik zum Mittelmeer in drei, zwei, eins …
Junger Mann mit Maske neben einem Schild "Oceano Mediterraneo" in Läuferstellung.
… LOS!

Weihnachten mit angezogener Handbremse

Die Feiertage verbringen wir im kleinen Kreis. Bei Eistee und gutem Essen. War abzusehen bei Corona und zweieinhalbtausend Kilometer zur Heimat. Ist aber völlig okay, wenn man das hier in der Nachbarschaft hat.

Sanddüne mit Strand und Bergen.
Die Dünen von Punta Paloma.
Außenansicht einer Burg aus Stein mit zwei Türmen.
Die Burg von Castellar de la Frontera.
Gasse zwischen zwei weißen Häusern mit blauen Fenstern über Steinboden.
Der Siedlungskern Castellar Viejo („Altes Castellar“) innerhalb der Burg.
See mit Halbinsel und Bergen im Hintergrund vor untergehender Sonne.
Blick herab auf den Stausee des Guadarranque.

Winterspaziergang im T-Shirt

Wir sind auf der Montera del Torero. Das Gelände ist nach einem Felsen benannt, der einer Montera – einem Stierkämpferhut ähnlich sieht. Den habe ich nicht vor die Linse bekommen, als meine Cousine Lorena und ihr Freund Juan mich zu einem „Spaziergang“ mitgenommen haben.

„Spaziergang“ klang so unschuldig, als sie das sagten. Und es fängt auch unschuldig an. Bequemes geradeaus laufen. Vogelzwitschern. Sommerbrise im Dezember. Schon seltsam, dass mich der Geruch von Kuhfladen in meine Kindheit zurückversetzt.

„Du musst nur aufpassen“, sagt Juan. „Hier schwirren schon mal Skorpione rum.“

Ich denke, er scherzt – und scherze zurück: „Alles klar. Gibt es hier sonst noch irgendwelche Tiere, die mich umbringen könnten?“

„Nein, Quatsch … obwohl, doch! Wildschweine. Und vor ein paar Jahren habe ich hier mal Bekanntschaft mit einem Stier gemacht … aber dann bin ich einfach auf einen Baum geklettert. Oh, guck mal! Adler! Ist es nicht herrlich in der Natur? Ich bin gerade richtig entspannt!“

Er geht voraus und bald vom Trampelpfad ab ins Gebüsch – und dahinter geht es fast senkrecht bergauf.

Ein hoher beiger Berg mit grünen Bäumen aus der Ferne.
Da wollen wir hoch.

Eine junge Frau im Gebüsch, ein junger Mann reicht ihr die Hand, um ihr hinaufzuhelfen.

„Hier geht es nicht lang!“, sagt meine Cousine.

„Doch doch, der Weg hier ist viel spaßiger!“

„Aber die Sträucher piksen!“

„Ach, die gehen doch nur bis zum Bauchnabel!“

„Du bist zwei Meter groß! Wenn sie dir bis zum Bauchnabel gehen, gehen sie mir bis ans Kinn!“

Junger Mann geht en eine Steigung, im Hintergrund ein kahler Baum und die Sonne.

Baumstumpf in Nahaufnahme mit dicken Brocken an der Rinde, im Hintergrund ein zweiter Baum.
Ein typischer Baum aus der Region: die Korkeiche.
Junger Mann von hinten klettert auf allen vieren über Steinbrocken - im Hintergrund eine Landschaft mit Bäumen und Bergen.
Jack Kerouac hat mal geschrieben, dass es unmöglich sei, von einem Berg zu fallen … keine Ahnung, was er damit gemeint hat.

Ja! Es pikst und es gibt wohl Skorpione und Stiere, und vielleicht sind die Adler über uns auch gar keine Adler, sondern Aasgeier, die denken, mit uns leichtes Spiel zu haben. Außerdem habe ich es nicht so mit Höhen. Aber hier steigen wir den Berg hinauf – mit Händen und Füßen. Ich summe Western-Filmmusik und frage mich, wann ich das letzte Mal auf diese Art und Weiße durch die Natur gekraxelt bin.

Eine Steinwand, auf der man die Umrisse eines roten Stierähnlichen Wesens erkennt; an manchen Stellen ist der Stein abgebröckelt.
Wir sind am Ziel. An der hoch oben gelegenen Cueva de la Bailaora („Höhle der Flamencotänzerin“) gibt es Malereien aus der Steinzeit. Weil Teile der Malereien gestohlen wurden, sind sie mittlerweile hinter einem Gitterzaun.

Junger Mann sitzt auf dem Berg vor einem Panorama aus Bäumen und Bergen am Horizont.
„Ist es nicht herrlich in der Natur?“ Weit und breit keine Stiere zu sehen.

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