2. September 2024
„Echt? Mit deiner Fächerkombination gibt es im Studium Auslandsmöglichkeiten?“ – „Ich möchte mein Studium nicht unnötig verlängern.“ – „Mit Verbeamtung, muss ich für immer in Deutschland bleiben!“
Schluss mit Vorurteilen und lahmen Ausreden!
Wege und Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte während und nach dem Lehramtsstudium.
Solche und ähnliche Aussagen, bekomme ich zuhören, wenn ich erzähle, dass ich in meinem Lehramtsstudium schon sechs Länder auf drei Kontinenten, besucht habe. Das hat meine Studiendauer vielleicht nicht verkürzt, aber mich in jedem Fall pädagogisch wie persönlich bereichert. Viele Kommiliton:innen wissen nicht welche Möglichkeiten es für Lehramtsstudierende gibt, sei es bei der Suche nach Auslandspraktika, einem Studienplatz oder der Finanzierung. Vieles habe ich durch meinen Job als Studentische Hilfskraft gelernt, mein:e Chef:in ist Ansprechpartner:in für alle Lehramtsstudierende, die ins Ausland gehen möchten und daher kenne ich viele Organisationen und Programme, die ich sonst nicht gefunden hätte. Und seien wir mal ehrlich: als Erstakademikerin hätte ich die Bewerbungsschreiben und Hürden alleine teilweise nicht überwinden können. Ein unterstützendes Umfeld, privat wie universitär sind sehr hilfreich.
1. Studienfahrt und 1. Kontinent – Western Cape, Südafrika
Aber konkret, was habe ich gemacht und was kannst auch du machen? Bzw. wie kann man diese Aufenthalte in sein Studium integrieren? Mein erster Auslandsaufenthalt war nach meinem 3. Semester. Für 8 Wochen habe ich an 4 verschiedenen Schulen im Western Cape unterrichtet. Das Programm „Feed Southern Africa “ unterstützt, bzw. finanziert zwei Schulen, darunter ein Waisenhaus. Innerhalb der Zusammenarbeit mit der Universität Passau, welche bereits eine langjährige Kooperation mit diesem Programm hat, und dieses jede Semesterferien anbietet, besucht man auch noch eine private Schule für insgesamt zwei Wochen. Ich habe meinen Aufenthalt von den typischen 4 Wochen auf 8 Wochen verlängert und daher nochmals 4 Wochen in der „Boland School for Autism“ verbracht. Der spezielle Umgang mit Kindern mit Autismus und Autismus Spektrum Störung hat mich sehr begeistert und diese Erfahrung wäre in Deutschland so für mich nie möglich gewesen. Dieses Praktikum konnte ich mir zudem für das Pädagogisch Didaktische Praktikum II anrechnen lassen. Die Zusammenarbeit mit dem Praktikumsamt und die Einwilligung des Fachleiters sind hier zu beachten. Ich habe das Praktikum in meinem Didaktikfach Mathematik absolviert und hier konnte ich gut begründen, inwiefern ich die gleichen Inhalte, wie in Deutschland beobachten kann, aber eben auch klar von Unterschieden in der Herangehensweise der Mathematischen Probleme profitieren kann. Für diese Anerkennung, sollte man sich im Vorfeld überlegen, welche Fächer sinnvoll erscheinen. Meine anderen Fächer wie Deutsch oder Katholische Religion wären beispielsweise nicht umsetzbar gewesen, wenn man aber hier sinnvoll wählt und plant, dann sollte einer Anrechnung nichts im Wege stehen. Als ich in Südafrika war, haben parallel meine Kommiliton:innen in Passau auch das PDP II absolviert, hier hatte ich also keinen Zeitverlust, im Vergleich zum regulären Studienablauf. Rückblickend hätte ich mich für diese Fahrt, für ein Stipendium des DAAD bewerben sollen, warum erfährst du bei der Finanzierung zu meinem aktuellen Auslandsaufenthalt weiter unten, in Japan.
Nächstes Land, nächster Kontinent – Warschau, Polen
Mein nächster Auslandsaufenthalt war über den Lehrstuhl der Grundschulpädagogik jetzt „Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume in der mittleren Kindheit“. Im Modulkatalog steht hier an der Universität Passau eine Pflichtexkursion, wie weit entfernt der Zielort ist, wird hier nicht geregelt, daher zählt in manchen Fällen bereits ein Vorlesetag in der Grundschule mit dem gesamten Seminar als Pflichtexkursion. Aus persönlichem Interesse habe ich ein Seminar zur Holocaust Education in der Grundschule belegt, inklusive einer Exkursion nach Warschau. Pflichtexkursionen sind eine tolle Möglichkeit für studienbezogene Auslandsaufenthalte, weil sie von der Universität bezuschusst werden. An der Universität Passau muss man das Geld vorstrecken und kann später die Rechnungen für Anreise, Abreise, Transport und Unterkunft, sowie Eintritte in Museen einreichen und kriegt einen Teil Rückerstattet. Diese Exkursionen sind Teil des Modulkataloges, werden mit ECTS bepunktet und bedeuten daher auch keinen Zeitverlust. Meistens sind diese Fahrten zeitlich auf eine Woche begrenzt, wenn man seine Fehlzeiten, bei Veranstaltungen mit Anwesenheitspflicht im Vorhinein plant, sollte es hier auch keine Probleme geben.
Bella Italia – Südtirol, Italien
Mein nächster Auslandsaufenthalt wurde von der Professur für Kirchengeschichte und christliche Identitäten angeboten. Für diesen Bereich hatte ich schon alle nötigen ECTS Punkte gesammelt, aber nach einer kurzen Anfrage und der Vorbereitung eines Kurzreferats konnte ich Punkte für den Freien Bereich sammeln. Wir haben eine Woche in Südtirol – Italien im Kloster Marienberg verbracht, dort die Architektur und Geschichte des Klosters und der Umgebung erkundet. Auch diese Fahrt konnte als Studienfahrt von der Uni bezuschusst werden und zusätzlich vom Mentorat Passau.
Irish Pubs here I come – Dublin/Maynooth, Irland
Neben von der Universität bezuschussten Fahrten und Auslandspraktika im Allgemeinen, kann man aber natürlich auch ein ganzes Semester ins Ausland gehen. Über eine Erasmus+ Förderung kann man ein Semester lang an Universitäten in Europäischen Ländern studieren. Entweder als Freemover, in dem man sich seine Universität selbstständig sucht, oder man greift, wie ich, auf die Partneruniversitäten seiner Uni zurück. In Passau und ich gehe davon aus, an anderen Universitäten auch, werden Partneruniversitäten von Lehrstühlen geschlossen. Das Bedeutet, dass deine Bewerbung in erster Linie von der Person ausgewertet wird, die den Partnervertrag geschlossen hat und natürlich sucht sich diese Person, Bewerber:innen aus, die ihren Anforderungen entspricht. Was habe ich also gemacht? Ich habe überlegt, an welchen Lehrstühlen studiere ich mit meinen Fächern? Habe danach meine Wunschuniversitäten ausgewählt und mich mit der/dem Professor:in im Vorfeld getroffen, um zu erfragen was sie/er sich in der Bewerbung wünscht, worauf ich achten kann. Damit bleibt man in Erinnerung und zumindest in meinem Fall, hat es geklappt. Ich habe eine Erasmus+ Förderung und eine Zusatzzahlung für Erstakademiker:innen erhalten. Damit war ich für 4 Monate in Irland in der Nähe von Dublin.
Ohne Worte… – Yad Vashem, Israel
Nach Irland, wollte ich eigentlich mein Wissen in der Holocaust Education in der Grundschule nochmals vertiefen und bei einer von der Universität unterstützte Studienfahrt nach Israel mitmachen, aber die aktuell politische Lage hat uns da leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Eine Woche hätten wir mir Original Dokumenten aus dem 2. Weltkrieg gearbeitet, Seminare erhalten zum Thema Holocaust Education in der Grundschule und vieles mehr.
Bella Italia, again 🙂 – Assisi, Italien
Bevor es für mich nach Japan ging, habe ich nochmal eine Studienfahrt des Lehrstuhls für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts mit gemacht. Wie alle Studienfahrten davor wurde diese Fahrt bezuschusst. Dazu gibt es auch ein Reel auf dem Account des Mentorat. Schau also gerne vorbei.
Kontinent Nummer 3! – Kobe, Japan
Last but not least: mein freiwilliges Auslandspraktikum in Japan. Ich befinde mich inzwischen im 8. Semester meines Lehramtsstudiums mit dem Abschluss Staatsexamen. Die erforderlichen Pflichtpraktika habe ich bereits abgeschlossen und daher rechne ich mir dieses Praktikum nicht an. Für eine Anrechnung hätte ich 8 Wochen bleiben müssen und auch wie oben das Fach sinnvoll wählen müssen. Die Möglichkeit hätte aber bestanden. Für die Finanzierung habe ich mich für ein Stipendium beim DAAD beworben, hier steht aber bei den Bewerbungskriterien, dass Erstförderung bevorzugt wird. Ich vermute daher, dass meine Erasmus Förderung ein Ausschlusskriterium war und ich daher die Förderung nicht erhalten habe. In umgekehrter Reihenfolge wäre aber eine Förderung möglich. Bei Erasmus+ ist eine davor erhaltene Förderung unerheblich für die Bewerbung. Zusätzlich zum Stipendium des DAAD habe ich mich auch als Correspondent für Studieren Weltweit beworben und werde jetzt für meine Urlaubsvideos und Insta Posts bezahlt. Wie die großen Influencer natürlich auch immer betonen, es ist Arbeit! Aber es macht definitiv viel Spaß. Man erhält 200€ im Monat und muss 3 Postings die Woche, auf 2 Plattformen (Instagram + freie Wahl – am liebsten TikTok) posten und einen Blogbeitrag pro Monat verfassen. Zusätzlich wird einem ein iPhone gestellt, mit Mikrofon und Stativ. Das alles darf man nach seinem Auslandsaufenthalt, bei Erfüllung des Vertrags behalten.
Eine Analyse des DAAD hat ergeben , dass Lehrämtler:innen weniger studienbezogene Auslandsaufenthalte absolvieren als andere Universitätsstudierende. Obwohl die Klassenzimmer immer heterogener werden und das deutsche Bildungssystem seit dem PISA-Schock nicht mehr als Non Plus Ultra betrachtet werden kann, nehmen viele Studierende die Chancen des Auslands nicht wahr. Aus meinen eigenen Erfahrungen kann ich nur berichten, dass ein Auslandsaufenthalt eine Bereicherung sowohl persönlich, als auch für meinen zukünftigen Lehrberuf ist und sich mit etwas Planung auch gut in das Studium einbinden lässt. Zudem gibt es immer mehr Programme und Möglichkeiten, um diese zu finanzieren oder Plattformen, um Auslandsoptionen zu finden, Schulen, wie auch Studienplätze.
Ich liste hier mal alles auf was ich kenne:
- Lehramt International: Schulpraktika vor dem 1. Staatsexamen
- Lehramt International: Schulpraktika nach dem 1. Staatsexamen
- Erasmus (Praktikum & Studium)
- Weltwärts Projekt globales Lernen
- BLLV
- AISEC
- Kulturweit
- PAD Fremdsprachenassistenzprogramm
- Schulwärts – Goethe Institut
- Promos (Praktika & Studium)
- Correspondent für Studieren Weltweit – Erlebe Es
Das ist jetzt ein bunter Mix von Stipendien Möglichkeiten oder Organisationen die Auslandsplätze vermitteln oder eine Kombination aus beidem. Die Infos können sich immer ändern, daher belasse ich es bei der Aufzählung.
Auch nach dem Studium ist noch nicht Schluss, dass Programm Lehramt International: Schulpratika nach dem 1. Staatsexamen richtet sich, wie der Name schon sagt an Studierende nach dem 1. und vor dem 2. Staatsexamen. Gefördert werden Praktika zwischen 3 und 12-Monaten.
Wenn du gedacht hast, nach dem Referendariat, kann ich aber jetzt wirklich nicht mehr ins Ausland. Good News! Die Aussage von oben: „Mit Verbeamtung, muss ich für immer in Deutschland bleiben!“ ist so nicht ganz richtig. Man kann sich (zumindest weiß ich das von Bayern) als Verbeamtete Lehrkraft an deutschen Schulen im Ausland bewerben. Insgesamt kann man für bis zu 2x 3 Jahren vom Schuldienst in Deutschland freigestellt werden und verliert nicht seine Verbeamtung.
Du siehst! Es gibt viele Möglichkeiten auch als (angehende) Lehrer:in. Du musst sie nur nutzen!
Kurz und knapp – Auslandsoptionen im Studium
Studienfahrt:
Es gibt Studienfahrten, die von der Universität bezuschusst werden, vor allem wenn sie verpflichtend im Modulkatalog stehen.
Auslandspraktika:
Du kannst Auslandspraktika machen, entweder innerhalb eines Programms oder du suchst dir eigenständig eine Schule im Ausland. Für eine Anrechnung ist es wichtig, in welchem Fach du Praktikum machen möchtest. Deutsch an einer Schule die nur in Englisch unterrichtet, wird vermutlich nicht klappen.
Auslandssemester:
Ein Auslandssemester kann man sich auch entweder als Freemover selbst organisieren, oder auf die Partneruniversitäten seiner Uni zurückgreifen und außerhalb Europas auch von z.B. dem Stipendium des DAADs finanzieren lassen. Innerhalb Europas können diese Studienaufenthalte vom Erasmus+ Programm gefördert werden.