25. März 2025
Nie endende Partys, immer gut gelaunt und keinen Unistress – vor dem Erasmussemester gibt es viele Vorstellungen und Erwartungen an die Zeit im Ausland. Wie viel sich davon für mich bewahrheitet hat und ob sich der ganze Druck überhaupt lohnt, beantworte ich im Blog.
„Das wird die Zeit deines Lebens“, „Ich vermisse mein Erasmus so sehr“ oder „Ich war nie so glücklich wie im Auslandssemester“ – diese oder ähnliche Aussagen hört wahrscheinlich jeder Studierende schon lange vor dem Start des eigenen Erasmus. Bei mir war es genauso: Freund:innen erzählten von ihren Erfahrungen oder ich sah Postings auf Social Media über den Auslandsaufenthalt von anderen. Mit jedem Mal wurden die Erwartungen und Hoffnungen größer. Die Fahrt nach Budapest fühlte sich wie ein Schritt in eine ganz neue Welt an. Zwei Monate später möchte ich von meinen persönlichen Erfahrungen zu diesen Erwartungen berichten und mit einigen der Vorstellungen zum Erasmus aufräumen.
1. Die niemals endende Party
Jeden zweiten Tag bis in die Morgenstunden feiern, tanzen gehen und die eigene Erasmusstadt den Großteil der Zeit im Dunkeln erleben – gerade Budapest ist für das lebendige und vielfältige Nachtleben bekannt, aber ist das wirklich so? Es gibt sicher einige Erasmus-Studierende, die sich immer wieder mit wenigen Stunden Schlaf in die Vorlesung schleppen. Fünf Monate durchfeiern ist dann aber auch übertrieben. Im Vergleich zu Deutschland gehe ich hier definitiv öfter aus, gerade in den ersten Wochen sind viele der Socializing-Events an Abende und Partys geknüpft. Das wurde mir aber schnell zu viel und jetzt habe ich auch immer wieder Wochen ohne eine Party. Schließlich will ich die Stadt und das Land auch im Tageslicht erleben, Museen und andere Städte besuchen und genug Energie für die Uni haben. Mein Tipp: Hört auf euren Körper: Es ist absolut in Ordnung, mehrere Abende in Folge zu Hause zu bleiben oder Veranstaltungen früher zu verlassen. Mein Lieblingskompromiss sind entspannte Bar-Abende, dabei lernt ihr die anderen Menschen auch viel besser kennen als bei lauter Musik.
2. Neue Freundschaften fürs Leben
Eine neue Stadt, eine andere Sprache und ganz viele fremde Menschen, die direkt zu den besten Freund:innen werden: Am Anfang des Erasmussemesters machen sich viele Studierende Druck, möglichst schnell mit all diesen Dingen klarzukommen. Gerade in der Orientierungswoche habe ich versucht, möglichst überall dabei zu sein und aus jedem Gespräch einen neuen Kontakt mitzunehmen. Dieser Eifer ist sicher nicht schlecht, hat mich aber auch ganz schön ausgelaugt.

Einige Wochen später kann ich mit ruhigem Gewissen sagen, dass ich auch mit etwas weniger Druck tolle Menschen kennengelernt habe. Mein Tipp: Nehmt nur an Veranstaltungen teil, auf die ihr wirklich Lust habt oder plant selbst Treffen mit Aktivitäten, die euch Spaß machen. Es ist hier gar nicht möglich, mit allen Menschen zu connecten und das ist auch gar nicht mein Ziel. In Momenten, in denen ich mich doch gestresst habe, habe ich versucht mich daran zu erinnern, dass ich zu Hause tolle Freund:innen habe und niemanden von mir überzeugen muss. So sind mit der Zeit viel einfacher enge Bindungen entstanden und ich habe ein paar neue Freundschaften geschlossen – auch mit Menschen, die ich nicht in der Orientierungswoche kennengelernt habe.
3. Kein Unistress und leichte Kurse
Wirklich studieren musst du im Erasmus ja nicht! Das ist wohl eine der bekanntesten Erwartungen an ein Auslandssemester. Meine kurze Antwort dazu: Ja und Nein, und wahrscheinlich ist es bei jeder und jedem anders. Für mich persönlich gilt ein bisschen von beidem. Einerseits fehlen mir nicht mehr viele Kurse für meinen Bachelor und ich muss nur 15 Creditpoints für meine Erasmusförderung nachweisen.
CPs für die Erasmus Förderung
Wichtig! Jede Universität erwartet unterschiedlich viele Creditpoints, damit ihr eure Förderung bekommt. Klärt also unbedingt vorher ab, wie viele Kurse ihr belegen müsst, um das Geld zu bekommen, auch wenn ihr gar nicht mehr so viele Creditpoints braucht oder euch die Kurse nicht anrechnen lassen könnt.
Das heißt, mein Stundenplan ist sehr ausgedünnt und ich habe eine sehr entspannte Zwei-Tage-Woche. Andererseits endet das Studieren natürlich nicht mit der Teilnahme an den einzelnen Kursen. Hausaufgaben, Pflichtlektüren und Präsentationen gibt es auch hier und die werden ebenfalls kontrolliert und benotet. Ganz ohne Arbeit am Studium lässt sich das Erasmus also nicht schaffen – ich empfinde das aber auch als einen wichtigen Teil vom Auslandssemester: Die Uni gibt eine Struktur im spontanen Erasmus-Leben. Außerdem sind viele Kurse mit anderen Internationalen, das heißt du bekommst eine Menge Perspektiven zum eigenen Studium on top. So lernst du für das Leben – also wirklich!
4. Immer sorglos und glücklich
Den ganzen Tag ein Lächeln im Gesicht einfach, weil du im Erasmus bist? So oder so ähnlich die Vorstellung. Aber egal, wie viele Kilometer ich von meinem Zuhause entfernt bin, auch dort machen mich Dinge traurig, ich bin gestresst oder einfach müde von den ganzen Unternehmungen und neuen Eindrücken. Der ganz normale Alltag halt! Vor meinem Erasmus hatte ich auch den Wunsch, all meinen Stress einfach zu Hause zu lassen. Ganz so leicht ist das dann doch nicht. Hier habe ich auch traurige Tage, bleibe mal im Bett liegen oder sage Treffen ab. Mein Tipp: Sich damit zu stressen, sich nicht zu stressen sorgt für viel mehr Stress!

Ein Erasmus ist immer ein Abenteuer, mit vielen Höhen, aber eben auch Tiefen: ob Heimweh oder Stress, Einsamkeit oder Überforderung. Und all diese Emotionen sind okay und brauchen ihren Platz. Wichtig ist, sich Zeit zu geben und das Ganze so zu nehmen, wie es kommt. Es muss nicht die Zeit deines Lebens sein, vielleicht ist es auch einfach eine zeit deines Lebens – lehrreich und besonders wird sie so oder so!