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Habib(t)i, come to Morocco!

Neunzig Tage, zehn Pestos, vier Kakerlakentraumas, hunderte Katzenfreunde und zahlreiche bereichernde Momente später kann ich es kaum fassen, dass meine Zeit in Marokko zuende geht. Eine letzte nostalgische Reise durch mein Auslandspraktikum in Casablanca.

Meine Zeit in Marokko geht nun zu Ende und es ist Zeit für einen Überblick: Was habe ich erlebt, was hätte ich gerne vorher gewusst und welche Tipps würde ich euch mit auf den Weg geben.

Meine Mission: Casablanca: (work)culture

Ich bin am Ende meines Auslandsaufenthaltes angekommen und kann sagen: Meine Mission wurde zu 100 % erfüllt. Durch mein Praktikum bei der AHK Marokko konnte ich tiefe Einblicke in die (Arbeit) Kultur hier erlangen. Durch Gespräche mit meinen Kolleginnen, zufälligen Begegnungen auf der Straße, bereichernden Gesprächen und aufmerksamem Beobachten und Zuhören habe ich jeden Tag dazugelernt. Angekommen bin ich nicht mit hohen Erwartungen, so oder so wurden sie zehnmal übertroffen. Es fällt mir schwer in Worte zu fassen, wie sehr mich diese Zeit geprägt hat.

Mein Traumpraktikum bei der AHK Marokko

Ich habe mich tatsächlich nur auf genau dieses Praktikum beworben und bin sehr glücklich, dass es auch geklappt hat. Das Praktikum entsprach genau meinen Vorstellungen und ich habe unabhängig vom kulturellen Aspekt wahnsinnig viel gelernt. Ich war in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Marketing und meine Aufgaben waren hauptsächlich: Übersetzungen, Vorbereiten von Social Media Posts, Brainstorming für neuen Content, das Erstellen von Präsentationen, Flyern etc. sowie Videos filmen und schneiden. Aufgrund des Ramadans fanden in meiner Zeit kaum Events statt, aber prinzipiell wirst du als Praktikant(in) auch dazu immer eingeladen.

Praktikum bei den AHKs

Fast alle AHKs bieten Praktika an. Dafür suchst du am besten direkt auf der Seite des Standorts, der dich interessiert. Diese sind meistens zwischen drei und sechs Monate lang und manchmal bekommst du eine kleine Aufwandsentschädigung.

Bei der AHK Marokko habe ich mich von Tag eins an wertgeschätzt und wohlgefühlt und ich kann ein Praktikum hier nur wärmstens empfehlen. Auch zur Verbesserung meines Französischs hat mir das Praktikum viel mehr genutzt als mein Auslandssemester in Frankreich. Der Sinn eines Praktikums ist ja auch, herauszufinden, wo du dich später mal beruflich siehst. Ich weiß jetzt, dass ich mich in dieser Richtung sehe, denn ich bin gerne kreativ und im Kontakt mit Menschen. Konkreter gesagt würde ich mich auch in einer Außenhandelskammer sehen, denn mir gefällt die Idee der Schnittstelle zwischen deutscher und ausländischer Wirtschaft sehr.

Realitycheck: Mentale Gesundheit

Während meiner Zeit in Frankreich habe ich sehr viel über mentale Gesundheit berichtet und gezeigt, wie du es im Ausland trotzdem schaffst. Allgemein ging es mir hier in Marokko psychisch sehr viel besser. Äußere Umstände wie Sonne, Meer und süße Katzen habe definitiv dazu beigetragen. Doch vor allem die ersten Wochen als ich hier mit gebrochenen Herzen angekommen bin, waren sehr schwer und geprägt von Einsamkeit. Das Gefühl von Einsamkeit begleitet mich ehrlich gesagt auf jedem Auslandsaufenthalt. Auch wenn ich es liebe, neue Erfahrungen im Ausland zu machen, gibt es auch viele Momente, in denen ich gerne jemanden da hätte. Ich habe mich sehr bemüht, soziale Kontakte zu knüpfen und wurde dann meistens sofort wieder vergessen. Das tut weh. Ich habe in den letzten Jahren viel allein unternommen, aber meine Motivation zum allein reisen war noch nie so niedrig wie aktuell. Ich habe gerade einfach keine Lust mehr, immer allein und teilweise eben auch einsam zu sein.

Am letzten Abend unseres Spanienurlaubs habe ich mir ein Magen-Darm Virus eingefangen und am Reisetag musste ich mich fünfmal übergeben, sodass mein Körper bei der Landung des Flugzeugs schlapp machte und ich zusammengeklappt bin. Da lag ich also allein, komplett ausgelaugt in einem fremden Land auf einer Krankenstation und musste mich trotzdem allein bis zurück in meine Wohnung hier schleppen. Das war einer der schrecklichsten Tage seit langem. Im Anschluss war ich nochmal krank und insbesondere in solchen Momenten, würde ich mir sehr wünschen, grad nicht so allein zu sein. Jemanden zu haben, der sich ein bisschen um einen kümmert.

Meine Zeit als Korrespondentin

Es ist fast ein Jahr her, dass ich die Zusage von studieren weltweit als Korrespondentin bekam und ich bin sehr dankbar, dass ich damals ausgewählt wurde. Durch meine Tätigkeit war ich sozusagen gezwungen, besser im Bereich Videobearbeitung zu werden. Diese neuen Fähigkeiten konnte ich in meinem Praktikum anwenden und anfangen für die AHK Marokko, Videos für ihr Social Media zu produzieren. Keine Frage, es war ein nicht zu unterschätzender zusätzlicher Zeitaufwand und manchmal war ich deswegen etwas gestresst, aber zu 95 Prozent der Zeit hat es mir sehr Spaß gemacht. Außerdem habe ich jetzt ein detailliertes Tagebuch meiner beiden Auslandsaufenthalte, die ich mir immer wieder anschauen kann.

Doppelmaster- lohnt sich das?!

Arabisch-Profi (oder auch nicht)

Falls du ein bisschen angeben möchtest: Das Wort „habibi“ (deutsch: Schatz) ist inzwischen sehr bekannt. Was die meisten aber nicht wissen, es handelt sich hier um die männliche Form; die weibliche wird „habibti“ geschrieben. Das Einzige, worüber ich etwas enttäuscht bin, ist wie wenig Arabisch ich reden konnte. Das liegt unter anderem daran, das in Casablanca, fast alle Französisch oder auch Englisch sprechen und das der marokkanische Dialekt sich sehr vom Standard arabisch, das ich lerne, unterscheidet. Ich verstehe leider kaum etwas, wenn Marokkaner:innen sich unterhalten.

Während meines Frankreichaufenthaltes habe ich bereits einen ausführlichen Blogbeitrag zu meinem Doppelmaster geschrieben. Jetzt nach Beendigung meines Praktikums möchte ich nochmal darauf zurückkommen. Mit dem Frankreichteil war ich leider aus mehreren Gründen nicht so zufrieden, aber ein großer Vorteil meines Masters ist auch, dass ich für mein Auslandspraktikum die Mobilitätsbeihilfe der deutsch-französischen Hochschule bekommen konnte. Das hat die Finanzierung extrem erleichtert. Außerdem bin ich froh, dass ein Praktikum verpflichtend ist, denn sonst hätte ich mir vielleicht nie die Mühe gemacht, mich um eins zu kümmern.

Ist es in Marokko sicher?!

Diese Frage lässt sich vermutlich für kaum ein Land pauschal beantworten, denn es gibt überall schwierige Gegenden. Mir wurde vor meinem Aufenthalt in Casablanca teilweise viel Angst eingeredet. Das kann ich nach drei Monaten NICHT bestätigen. Ich habe mich während meines gesamten Aufenthalts nicht einmal wirklich unsicher gefühlt. Unwohl ja aber nicht unsicher. In Casablanca gibt es auf jeden Fall gefährlichere Gegenden, in diesen habe ich mich aber nie aufgehalten. Die Viertel, in denen ich gewohnt und gearbeitet habe sind modernere Teile der Stadt und hier ist es sehr sicher. Ich würde abends nicht in einer mir unbekannten Gegend herumlaufen, aber die Strecke zum Fitnessstudio bin ich quasi täglich ohne Schwierigkeiten gelaufen. Ich würde aber an deiner Stelle eher unauffällige und lockere Klamotten tragen. Im Meer schwimmen war ich leider nur einmal in männlicher Begleitung, denn allein im Bikini wollte ich dann doch nicht am Strand sein.

Marokkanische Männer- respektvolle Testosteronbomben

Eins vorab: ich habe auch viele Gespräche mit Männern geführt, ohne dass es je unangenehm war oder sie mehr wollten. Nichtsdestotrotz, als Frau in Marokko machst du definitiv ist eine andere Erfahrung als die von einem Mann. Das lässt sich nicht abstreiten. Auch wenn die Leute in Casablanca daran gewöhnt sind, weiße Frauen zu sehen, angeschaut und angesprochen wurde ich regelmäßig. Ob im Fitnessstudio, im Calisthenics Park oder auf der Straße, marokkanische Männer sind sehr direkt – im Normalfall aber nicht respektlos.

Wie kannst du dir das vorstellen? Sie fangen ein Gespräch mit dir an, fragen, wie du heißt, woher du kommst etc. und fragen dann auch schnell nach deiner Nummer. Wenn du dann „Nein“ sagst, akzeptieren sie es normalerweise und stellen dir nicht nach. Du kommst als weiße Frau hier definitiv gut an, was mir hier aber (zum Glück!) nicht passiert ist, sind hupende Autos, die absichtlich mehrmals an mir vorbeifahren oder Männer, die auch nach dem fünften „Nein“ aufdringlich bleiben und es nicht akzeptieren. Das waren nämlich leider meine Erfahrungen in Amman (Jordanien) vor zwei Jahren.

Meine einzige wirklich negative Erfahrung habe ich in Marrakesch auf dem großen Markt gemacht. Dort ist es abends sehr belebt und es versammeln sich Menschentrauben um die Musikgruppen. Ich war dort mit einer Gruppe Mädchen und als wir uns der Musik näherten, merkte ich, wie sich von hinten Männer aufdrängten – enger als nötig. Ich habe sofort versucht mich aus der Situation zu befreien und durch die Menge gekämpft. Dabei hat mir einer dieser Männer ganz absichtlich an den Po gegrapscht. Ich habe der Person auf den Arm geschlagen, aber sie hat gar nicht reagiert. Der Abend war damit für mich gelaufen und es war eine sehr unschöne Erfahrung. Mit dem Wissen würde ich diese Situationen komplett meiden und dann sollte so etwas hoffentlich auch nicht passieren.

Marokko- arabisches Land mit westlichen Einflüssen

Marokko wird als Touristendestination aktuell immer populärer. Zurecht! Es ist wirklich ein wahnsinnig schönes, diverses Land, wo es die verschiedensten Landschaften zu entdecken gibt. Außerdem profitierst du hier von einem gut funktionierenden, erschwinglichen Schienennetz und Reisebussen. Dank seiner Nähe zu Europa kannst du jeden Tag neu entscheiden, ob du heute mehr auf das traditionelle oder westliche Marokko Lust hast. Ich war wirklich positiv überrascht, dass selbst mein Lieblingshaferdrink seinen Weg nach Marokko gefunden hat.

Du solltest nur die Preise nicht unterschätzen, wenn du westlich leben willst, zahlst du auch fast dasselbe wie in Europa (oder mehr aufgrund der Einfuhrzölle etc.) – finden tust du aber die meisten Dinge.

Du kannst hier also richtig gut leben und vor allem: viel erleben! Unter der Woche arbeiten in Casablanca, nach der Arbeit noch kurz ans Meer und am Wochenende in die Wüste oder zum Surfen. In Marokko alles möglich.

1001 Möglichkeiten

Ich (sowie du vermutlich auch) befinde mich in einer extrem privilegierten Situation: Mir steht quasi die Welt offen. Ich habe einen deutschen Reisepass und könnte schon morgen in jedes EU-Land ziehen. Ehrlich gesagt habe ich so viele Möglichkeiten, dass es mich oft überfordert. Jahrelang hatte ich vor dem Moment Angst, an dem ich auf den Arbeitsmarkt muss. Diese Angst ist nicht ganz verschwunden, doch eine Sache, die ich insbesondere durch mein Praktikum gelernt habe, ist: mehr Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten haben.

Vor allem als Studentin der Geisteswissenschaften wurde ich jahrelang immer gefragt, was ich damit überhaupt machen kann und habe nicht viel Wertschätzung erfahren, sodass ich angefangen habe es selbst zu glauben.

Mit Zahlen kann ich immer noch nicht gut umgehen, doch soft Skills wie emotionale Intelligenz effektive Kommunikation oder interkulturelle Kompetenz lernst du nicht von einem Tag auf den anderen. Ich denke in einer Welt, die immer technologischer und von künstlicher Intelligenz geprägt ist, ist es vielleicht das, was am Ende zählt.

Das Zuhause aus anderen Augen sehen

Die nächsten Monate werde ich zum ersten Mal seit mehreren Jahren überwiegend in meiner Heimat verbringen. Der Hauptfokus wird dabei auf dem Erstellen meiner Masterarbeit liegen, aber ich habe noch eine weitere Mission: German summer 2025. Jahrelang wollte ich immer weg von daheim und andere Länder bereisen. Diesen Sommer möchte ich meine Heimat mehr erkunden und so viel Zeit mit Freunden und Familie verbringen.

8 Monate Andalusien

Auch wenn ich während meines ersten Auslandssemesters in Andalusien keine Korrespondentin war, kenne ich mich dort auch ziemlich gut aus. Du kannst mir also auch gerne dazu Fragen stellen. 🙂

Und danach? Ich bin sehr dankbar für die vielen Auslandserfahrungen, die ich die letzten Jahre machen durfte. Was mich aber oft gestört beziehungsweise gestresst hat, ist dieser Zeitdruck: Anzukommen und das Abreisedatum bereits zu kennen. Ich möchte an einem Ort ankommen dürfen, mir ein stabiles soziales Umfeld aufbauen können ohne, dass ich mich gleich wieder von allen verabschieden muss. Denn eines steht fest: Es wird mich bald wieder ins Ausland ziehen.

Vielen Dank, dass du meine Reise die letzten acht Monate mitverfolgt hast. Falls du Fragen zu Frankreich oder Marokko hast, kannst du mir immer gern auf Instagram schreiben.

Machts gut 🙂

Valeska

Hast du noch Fragen?

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