1. April 2025
Rote Erde, heißes Wetter und eine interessante Mischung aus Tradition und Wandel – mein Semester in Burkina Faso ist mehr als nur ein akademischer Aufenthalt. Hier, mitten in Westafrika, begegnen sich im Alltag der Menschen Klimagerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung und kulturelle Vielfalt.
Als Teil meines Erasmus Mundus Masterstudiums „Climate Change and Diversity: Sustainable Territorial Development“ verbringe ich mein 2. Semester in Burkina Faso – einem Land, das besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen ist, obwohl es selbst kaum zu den globalen CO₂-Emissionen beiträgt. Diese Ungleichheit steht im Zentrum der Debatte um Klimagerechtigkeit: Während die Länder des Globalen Nordens die Hauptverursacher der Erderwärmung sind, leiden Staaten des Globalen Südens, insbesondere in Subsahara-Afrika, unter den Konsequenzen wie Dürren, Bodendegradation und extremen Wetterereignissen.
Gestaltung einer selbstbestimmten Zukunft
Burkina Faso ist nicht nur ein Ort der Herausforderungen, sondern auch ein Land der Widerstandsfähigkeit, des kulturellen Reichtums und innovativer Lösungsansätze. In Ouagadougou erlebe ich, wie Nachhaltigkeit in einem urbanen Umfeld gestaltet wird und welche Strategien der Staat, Gemeinden und Vereine entwickeln, um sich an den Klimawandel anzupassen. Mein Studium gibt mir die Möglichkeit, die Zusammenhänge zwischen nachhaltigem territorialen Management, nachhaltiger Entwicklung im globalen Kontext und den Aspekten des Klimawandels im Kontext von Burkina Faso zu verstehen – in einem Land wie Burkina Faso , das sich trotz historischer und geopolitischer Hürden auf eine selbstbestimmte und unabhängige Zukunft zubewegt.
Burkina Faso hat eine reiche vorkoloniale Geschichte, geprägt von Königreichen wie dem der Mossi, die bis heute eine bedeutende gesellschaftliche Rolle spielen. Während der Kolonialzeit wurde das heutige Gebiet von Frankreich besetzt und kolonialisiert. Der ehemalige Präsident Thomas Sankara (1983–1987) gab dem Land seinen heutigen Namen „Burkina Faso“, was in der meistgesprochenen Sprache Mooré „Das Land der aufrichtigen Menschen“ bedeutet. Heute befindet sich das Land in einer Phase der geopolitischen Neuausrichtung und distanziert sich zunehmend von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Gleichzeitig knüpft es neue internationale Partnerschaften, insbesondere mit Russland, um Herausforderungen wie die instabile Sicherheitslage und den Terrorismus in ländlichen Regionen zu bewältigen.
Warum Burkina Faso für mich so spannend ist
Mein Masterstudiengang Climate Change and Diversity: Sustainable Territorial Development befasst sich mit den Herausforderungen und Chancen nachhaltiger Entwicklung in verschiedenen Weltregionen. Burkina Faso ist ein besonders relevanter Studienort, da die Auswirkungen des Klimawandels hier bereits deutlich spürbar sind – lange Trockenzeiten, Desertifikation und Wassermangel stellen große Herausforderungen dar. Gleichzeitig sind innovative Lösungsansätze aus Politik und Gesellschaft gefragt, um die Resilienz lokaler Gemeinschaften zu stärken. Besonders in den Bereichen nachhaltige Landwirtschaft und Wasserbewirtschaftung entwickeln Menschen vor Ort anpassungsfähige Techniken, um mit klimatischen Veränderungen umzugehen. Von Agroforstwirtschaft bis hin zu solarbetriebenen Wasserpumpen entstehen Modelle, die auch in anderen Regionen genutzt werden können.
Ein zentrale Herausforderung der Nachhaltigkeit in Burkina Faso ist die Umweltverschmutzung. Trotz bestehender Umweltgesetze fehlt ein integriertes Müllentsorgungssystem. Die Abholung von Müll ist kostenpflichtig und für viele Menschen nicht erschwinglich – teilweise kostet sie so viel wie ein durchschnittliches Einkommen. Daher wird Müll oft illegal entsorgt oder verbrannt, wobei insbesondere Plastikverbrennung zu erheblicher Luftverschmutzung führt. Auch die Abwasserentsorgung ist problematisch: In vielen Stadtteilen wird gebrauchtes Wasser aus Haushalten direkt auf die Straßen geleitet, was die Ausbreitung von Krankheiten fördert und Umwelt sowie Tiere gefährdet.
Besonders prekär ist die Situation in informellen Siedlungen, die durch die schnelle Urbanisierung entstehen. Während in strukturierten Vierteln Ouagadougous Umweltstandards weitgehend eingehalten werden, fehlt in informellen Vierteln jegliche Regulierung. Diese Gebiete verfügen oft nicht über grundlegende soziale Infrastrukturen wie Krankenhäuser oder Schulen. Die unkontrollierte Ausbreitung solcher Siedlungen ist eine Folge des Mangels an staatlichen Wohnraumprojekten, wodurch private, oft informelle Immobilienunternehmen Land verkaufen und ungeplante Stadtteile entstehen. Dies zeigt, wie entscheidend nachhaltige urbane Entwicklungsstrategien sind – ein Thema, das in meinem Studium eine zentrale Rolle spielt.
Vielfalt: Kultureller Reichtum
Burkina Faso ist ein Land der Vielfalt: Neben der ethnischen Diversität mit Gruppen wie den Mossi, Fulbe oder Bobo gibt es eine bemerkenswerte religiöse Koexistenz. Etwa 60 % der Bevölkerung sind Muslim:innen, 25 % Christ:innen und Andere leben traditionellen Religionen an. Diese Vielfalt ist nicht nur in den Straßen Ouagadougous sichtbar, sondern auch in den Begegnungen an der Universität. Es ist super spannend, zu der Periode des Ramadans in Burkina Faso zu sein und zu erleben, wie die Menschen hier Ramadan leben. Spannend ist auch, wie das Zusammenleben zwischen Fastenden und Nicht-Fastenden im Alltag funktioniert, da etwa 40 % der Bevölkerung nicht fastet. Zur Zeit ist es auch die heißeste Periode im Jahr, daher sieht man auch super viele Menschen draußen im Schatten oder in der Universität schlafen und sich ausruhen. Zudem sind viele Dinge, die in anderen Ländern als unhöflich gelten würden, hier ganz selbstverständlich: Es ist kein Problem, in einem Raum zu trinken, in dem andere fasten, oder versehentlich jemanden zu fragen, ob die Person etwas trinken möchte. Sogar einige Professoren wünschen während des Ramadans eine „guten Appetit“ zu Beginn der Mittagspause, ohne dass dies als unangemessen empfunden wird.
Lernen, Leben, Wachsen
Mein Studium in Burkina Faso bereichert meinen Horizont – sowohl akademisch als auch persönlich. Die Begegnungen, die intensiven Lernprozesse und das alltägliche Leben in Ouagadougou prägen mich jeden Tag aufs Neue. Ich freue mich auf die kommenden Monate vor Ort und bin gespannt, welche neuen Erkenntnisse und Erfahrungen mich noch erwarten. Wer Lust auf ein außergewöhnliches Studienerlebnis hat, sollte Burkina Faso definitiv in Betracht ziehen.
Begleitet mich während meines zweiten Semesters hier in Ouagadougou!