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Drei Tage in Sevilla (2/3): Ein Mittwoch


Das Auslandsstudium besteht nicht nur aus sorglosen Sonntagen, es wird auch studiert – mal mehr, mal weniger, in meinem Fall MEHR. Und die Corona-Pandemie macht es gerade nicht einfacher.

In den Wochen vor meiner Spanienreise kannte ich kaum ein anderes Gesprächsthema. So quatschte ich auch mit meinem Kommilitonen, Ex-Radio-Kollegen und geschätzten Studieren-weltweit-Mitberichterstatter Jan darüber. Heute berichtet er aus Zypern, davor hat er ein Auslandssemester in Ungarn gemacht. Und er nahm mir ein wenig die Sorgen: „Die Kurse sind nicht so wahnsinnig anspruchsvoll … und wenn du Erasmusstudent bist, gehen sie auch gnädig mit dir um.“

Was in Ungarn galt – und vor allem was in pandemiefreien Zeiten galt – kann ich nach etwas mehr als einem Monat der Lehre in Sevilla nicht bestätigen. Es läuft in etwa so ab:

Ein Mittwoch

Es ist der Wochentag, an dem ich die meisten Veranstaltungen habe. Drei Seminare à zwei Stunden – und die zwei Stunden werden hier auch eisern durchgezogen, während sie an deutschen Unis für gewöhnlich nach eineinhalb Stunden vorbei sind. Klingt nach keinem langen Arbeitstag – ist es aber!

Ein Name im Seminarraum

Der Kurs „Analyse des journalistischen Diskurses“. Ich sitze um 12.30 Uhr, nach erholsamem Schlaf, am Schreibtischstuhl. Zwei Dutzend Kursteilnehmer sind schon im digitalen Seminarraum und ich frage mich, ob noch einer von ihnen Austauschstudent ist. Es scheint nicht so: Sechs meiner Kommilitoninnen heißen Maria, alle haben zwei Nachnamen, viele enden auf einem Vokal, viele schreiben sich mit Akzent. Genau wie bei mir. In Deutschland werde ich regelmäßig gefragt, wie mein Name ausgesprochen wird – und würde ich bei jeder falschen Schreibweise einen Euro bekommen, dann hätte ich schon längst mein Weingut samt kleinem Château in Südfrankreich. Hier würde das nicht passieren. Ich bin ein Undercover-Austauschstudent, der sicherlich keine Extrawürste bekommt – und in Wahrheit auch keine Extrawürste haben möchte.

Meine erste Klausur

Als das Seminar zu Ende geht, habe ich meinen ersten Parcial (Zwischenprüfung) in „Geschichte des Journalismus‘“. So eine Zwischenprüfung musste ich in Deutschland niemals schreiben, in Spanien sind sie seit der Bologna-Hochschulreform von 1999 sehr verbreitet.

Die Klausur findet online statt und besteht aus zwanzig Behauptungen. Die muss ich markieren mit „wahr“, „falsch“ oder „ich habe keinen blassen Schimmer“, denn falsche Antworten geben Punktabzug, wenn man nicht die dritte Antwortmöglichkeit wählt.

Ich habe in den letzten Tagen viel gebüffelt, weil ich das Thema auch spannend finde. Die Klausur ist trotzdem brutal. Zweimal muss ich Wörter googeln, weil ich die Fragestellung nicht verstehe. Antworten zu googeln, ist kaum möglich, weil die Fragen sehr spezifisch sind und die Klausur auf Zeit läuft.

Als es vorbei ist, sitze ich schwitzend vorm Rechner. Der Dozent erscheint auf meinem Bildschirm und guckt ein bisschen traurig – fast 25 Prozent seien durchgefallen und ich würde mein Erstgeborenes darauf verwetten, dass ich einer von ihnen bin. Die Ergebnisse kommen morgen.

Meine erste Praxisaufgabe

Ich bin also etwas niedergeschlagen, als ich mich auf den Weg zur Uni mache. Sonst gehe ich zu Fuß, weil ich aber spät dran bin, muss ich in den Bus steigen, um rechtzeitig zu „Technologien der audiovisuellen Medien“ zu kommen.

In den letzten drei Wochen hatten wir dafür in Gruppenarbeit einen Radiowerbespot produziert und einen Zweiten geprobt. Diesen mussten wir nun live einsprechen und mit Tönen unterlegen.

Ich habe oben schon zweimal angedeutet, dass ich für einen Radiosender arbeite. Einen Radiowerbespot auf „Uni-Niveau“ würde ich – bei aller Bescheidenheit – noch vor meinem ersten Morgenkaffee produzieren können .… aber ich habe vorher nie mit sechs spanischen Zweitsemestlern zusammengearbeitet.

Mein erstes Drehbuch mit Soundanweisungen hat meine Gruppe schon längst nach allen Regeln der Kunst verunstaltet. Ich habe ihnen mehrmals gesagt, dass wir das so nicht umsetzten können, aber es ist nicht einfach, sich im Stimmgewirr zu behaupten und in unserer Whatsapp-Gruppe waren täglich über 200 (!) Nachrichten. Irgendwann sagte ich mir: „Okay, du bist offenbar überstimmt … lass sie mal machen.“

Ein Tonstudio mit zwei Smartphones auf dem Tisch, Drehstühlen, Mischpult, Mikrofon, dahinter eine Glasscheibe mit Sprecherkabine.
Das Ton-Studio meiner Fakultät. Hier haben wir geprobt, diskutiert und gelitten.

Wir machen alles nach Drehbuch und es ist ein Reinfall. Der Dozent hatte dieselben Kritikpunkte, die ich schon in einer von 200 Whatsapp-Nachrichten geäußert hatte: Undynamisch, schlechter Einsatz von Tönen; in den nächsten Praxisaufgaben müssten wir gut abschneiden, ansonsten fiele unsere Gruppe durch.

Ich bin seltsam ruhig, als ich zu Fuß nach Hause gehe. Ich könnte mich aufregen, aber es nützt ja nichts. Vielleicht ist da etwas von der spanischen Gelassenheit auf mich abgefärbt.

Ein Tag voller Unistress – ganz anders als die sorglosen Sonntage – aber das hat nur indirekt mit der Corona-Pandemie zu tun. Ich gehe früh schlafen und staune am nächsten Morgen, als ich sehe, dass ich mit 9 von 10 Punkten die Zwischenklausur bestanden habe. Nur gut, dass ich mein Erstgeborenes nicht verwettet habe.

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